Neue Partnerstadt in Syrisch-Kurdistan: „Multikulturell wie Kreuzberg“

Der Berliner Bezirk geht eine Partnerschaft mit der syrischen Stadt Dêrik ein. Sie wird nicht vom Assad-Regime kontrolliert.

Ein Junge in Begleitung zweier Mädchen trägt zwei Matratzen. Im Hintergrund ist ein Zelt zu sehen.

Schon fast Kreuzberger: Kinder in einem Flüchtlingslager für Jesiden bei Dêrik Foto: Christian Ditsch

taz: Frau Dangeleit, Friedrichshain-Kreuzberg hat eine neue Städtepartnerschaft mit Dêrik? Wo liegt das?

Elke Dangeleit: In Nordsyrien, also in West-Kurdistan, wie das auch genannt wird. Heute nennt sich die Region „Demokratische Föderation Nordsyrien“. Die Leute dort litten früher stark unter dem Regime von Baschar al-Assad. Heute ist es eine selbstverwaltete Region.

Warum ausgerechnet Dêrik?

Dêrik liegt nah am Nordirak und ist gut erreichbar. Außerdem ist Dêrik multikulturell und multireligiös, ganz ähnlich wie Friedrichshain-Kreuzberg. In Dêrik wohnen Kurden, Araber, Tschetschenen, Armenier, Aramäer und Jesiden.

Ein kleiner Unterschied: In Kreuzberg regieren die Grünen, wer kontrolliert Dêrik?

Praktisch wird die Kommune Dêrik von einer Selbstverwaltung getragen. Die „Demokratische Föderation Nordsyrien“ ist völkerrechtlich nicht anerkannt.

Dêrik heißt auf Arabisch al-Malikiya. Die Stadt liegt im Länderdreieck Türkei-Syrien-Irak, hatte zu Beginn des Syrienkriegs etwa 40.000 EinwohnerInnen und wurde bereits in der Frühphase des Konflikts von kurdischen Einheiten eingenommen.

Im Jahr 2006 hat die kurdische PYD die Autonomie der „Demokratischen Föderation“ erklärt. Die PYD ist ein Ableger der türkischen Arbeiterpartei PKK, die von der Bundesregierung als Terrororganisation geführt wird.

Ich würde nicht sagen, das die PYD ein Ableger der PKK ist. Es ist richtig, dass deren Konzept der Selbstverwaltung auf den Ideen von Abdullah Öcalan aufbaut. Er hat den Demokratischen Föderalismus entwickelt, eine Art Rätedemokratie. Die PYD hat diese Idee mit anderen politischen Kräften umgesetzt und weiterentwickelt. Aber die PYD hat eigene Ideen und Interessen. Man kann sie nicht mit der PKK in einen Topf schmeißen.

Dass die PYD 2003 als syrischer Arm der PKK gegründet wurde und dass es bis heute enge personelle Verflechtungen gibt, ist allerdings kaum zu bestreiten.

Ja, diese Verflechtungen mit der PKK gibt es. Die kurdisch-arabischen Militäreinheiten in Syrien wären niemals so erfolgreich gewesen, wenn sie nicht Schulungen von der PKK bekommen hätten. Sie hätten niemals Kobani vom IS befreien können. Zudem steht vor allem die kurdische Bevölkerung in Nordsyrien der PKK ideologisch nahe. Die Sympathien für die PKK sind sehr weit verbreitet in Nordsyrien, in der Türkei und auch im Iran.

geboren 1960, ist Ethnologin und Bezirksverordnete in Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg. Sie ist frauen- und migrationspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion.

Verstehen Sie die Städtepartnerschaft als Solidaritätsbekundung für die Kurden in Syrien?

Ich verstehe sie als Solidarität mit der gesamten Bevölkerung von Dêrik. Auch unser Verein wird nicht nur von Kurden getragen. Wir arbeiten mit allen zusammen.

Und wie sieht die Partnerschaft von Kreuzberg-Friedrichshain und Dêrik konkret aus?

Über Weihnachten haben wir Spenden gesammelt für eine Nähwerkstadt für traumatisierte jesidische Frauen in einem Flüchtlingslager bei Dêrik. Aktuell haben wir Mittel bekommen, um einen ausgetrockneten Fluss zu begrünen. Der wird jetzt von den Nachbarschaften entrümpelt und bepflanzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.