„Fridays for Future“ in Hamburg: Tausende streiken mit Greta

Der erste Besuch der schwedischen Aktivistin in Deutschland: Bis zu 10.000 Menschen beteiligten sich am Schulstreik für mehr Klimaschutz.

Greta Thunberg mit einem Schild

„Wir streiken, bis sie etwas tun“ – Greta Thunberg in Hamburg Foto: dpa

HAMBURG taz | Kolja und seine Freunde sind das erste Mal bei „Fridays for Future“. „Es ist ein bisschen doof, dass wir die Fehlstunden aufs Zeugnis bekommen“, sagt er. „Aber es geht um unsere Zukunft. Die ist wichtiger als Fehlstunden.“ Am vergangenen Freitag waren sie nur 800 in Hamburg. Laut Polizei kamen an diesem Freitag 3.800, nach taz-Zählungen waren es mindestens doppelt so viele. Die Ver­an­stal­ter*innen meldeten über 10.000.

Die Menge füllt den Hamburger Marktplatz, blockiert Straßen und Nebengassen rundherum. Vor allem Schüler*innen sind da, aber auch Eltern, Großeltern, Lehrer*innen mit ihren Klassen, Studierende, Auszubildende. Ein Grund für den Andrang: Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg, die im August 2018 allein mit dem Schulstreik begonnen hat, geht voran. Hinter einem Transparent an der Spitze des Demozugs. Es ist Thunbergs erster Besuch einer deutschen Fridays-for-Future-Demo.

Während Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) unlängst über „Fridays for Future“ sagte, sie finde es klasse, dass sich junge Menschen für ihre Zukunft einsetzten, vertritt man in Hamburg eine andere Politik. Hier werden streikende Schüler*innen disziplinarisch behandelt, als würden sie schwänzen. Die Schulbehörde hat sogar angekündigt, dem nachzugehen, wenn Schulen Schüler*innen für die Demos entschuldigen.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) twitterte am Freitag, auf Dauer wirke es „wenig überzeugend“, ausgerechnet in der Schulzeit zu demonstrieren. Den harten Kurs unterstützt auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Sie bezeichnete in der FAZ den Protest als „Schuleschwänzen“.

„Wir schwänzen nicht, wir sind aktiv“

Die Schüler*innen haben eine andere Sicht auf die Dinge. Als die Demo den Rathausplatz füllt, trauen sich einige auf die Bühne. „Ich weiß, dass nicht alle Eltern und Lehrer begeistert sind“, sagt die Schülerin Charlotte. „Meine Fehlstunden heute werden auch nicht entschuldigt. Aber wir schwänzen nicht. Wir sind aktiv, wo die Politik nichts tut.“

Wie warm es im Februar gewesen sei, das sei doch nicht normal. „Wenn um uns herum die Zerstörung der Natur fortschreitet und die ganze Welt nur zuzuschauen scheint, anstatt konkrete Schritte einzuleiten, dann hält uns nichts mehr in der Schule. Es ist an uns, alle an ihre Verantwortung zu erinnern. Dafür sind wir hier.“

Für die taz war am Samstag Anett Selle bei der Demo in Köln unterwegs. Ihren Stream finden Sie hier.

Alle Redner*innen werden gefeiert. Als Thunberg die Bühne betritt, wird der Jubel noch lauter, Schüler*innen rufen: „Greta, Greta, Greta!“ Aus ihrem einsamen Protest ist eine globale Bewegung geworden. Allein in Deutschland gibt es inzwischen 222 Ortsgruppen von „Fridays for Future“, in vielen Ländern Europas, in den USA, in Aus­tralien, Indien und Chile wird gestreikt. Im Hamburg fasst sich die 16-Jährige kurz: „Ihr macht Geschichte und könnt stolz auf euch sein“, sagt sie auf Englisch. „Viel zu lange sind Politiker*innen damit durchgekommen, nichts zu tun, um die Klimakrise zu bekämpfen. Aber wir werden das ändern. Wir streiken, bis sie etwas tun.“

Auch Jan Ole aus Pinneberg traut sich auf die Bühne. „Wenn ihr Politiker denkt, wir lassen uns mit Repressionen oder netten Worten stumm stellen: Ihr habt euch geirrt.“

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