Abhängen mit der BVG in Marzahn

Derzeit ist die Seilbahn in Marzahn-Hellersdorf eher Touristenattraktion als Verkehrsmittel. Nun prüft der Senat, ob sie sich in den öffentlichen Personennahverkehr integrieren lässt

Die 2017 erbaute Seilbahn mit Blick auf die Hochhäuser Marzahns Foto: Stefan Boness/IPON

Von Marina Mai

Der Senat will den dauerhaften Weiterbetrieb der Seilbahn am Kienberg in Marzahn-Hellersdorf sichern. Geprüft wird noch, ob die Seilbahn dazu ab 2021 in den öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV integriert wird, sodass man zum BVG-Tarif damit fahren kann, oder ob sie dann von den Gärten der Welt oder einem anderen Träger betrieben wird. So steht es im Nahverkehrsplan des Landes Berlin für die Jahre 2019 bis 2023, den der Senat letzte Woche vorlegte. Noch im Entwurf dieses Plans vom letzten Sommer hatte die Senatsverwaltung für Verkehr einer Einbindung der Seilbahn in den ÖPNV eine klare Absage erteilt.

Die Seilbahn wurde im Sommer 2017 als große Attraktion der Internationalen Gartenbauausstellung in den Gärten der Welt erbaut. Der 1,5 Kilometer lange Weg führt von der Talstation am U-Bahnhof Kienberg in Hellersdorf über das Wuhletal zum 102 Meter hohen Kienberg und weiter zum Blumberger Damm in Marzahn. Mit dem Bau der Seilbahn sollte verhindert werden, dass die Besucher der Gartenschau das ökologisch sensible Wuhletal, eines der schönsten Feuchtbiotope Berlins, zertrampeln.

Außerdem ermöglicht die Seilbahn durch die gläsernen Gondeln einen Blick über die Parkanlage. Während der 186 Tage der Dauer der IGA verzeichnete die Seilbahn 3 Millionen Fahrten. Erbaut wurde die Schwebebahn für 14 Millionen Euro.

Derzeit ist die Seilbahn eher eine Touristenattraktion als ein Verkehrsmittel. Aber zumindest eine, die den Bewohnern von Marzahn-Hellersdorf, die sehr unter dem Schmuddelimage ihres Bezirks leiden, am Herzen liegt. Gefühlt hat die IGA viel zur Verbesserung des Images des Ostbezirks beigetragen. Und daran hatte die Seilbahn als eine der wichtigsten Attraktionen der IGA einen großen Anteil. Für so eine Gondelfahrt kommt man sogar aus Spandau, Reinickendorf und dem Berliner Umland nach Marzahn und sieht den Bezirk auch jenseits der Klischees, mit denen er sonst verbunden ist.

So ist es sicher kein Zufall, dass die Anregung, die Seilbahn in den ÖPNV zu integrieren, aus dem Bezirk kommt. Die bezirkliche SPD streitet mit den Linken im Bezirk um die Urheberschaft. Aber beide Parteien sowie auch Grüne und CDU konnten ihre jeweiligen Landesparteien davon überzeugen, sich für diese Idee starkzumachen.

Entsprechende Anträge der Koalitionäre und der CDU liegen im Abgeordnetenhaus. FDP und AfD hingegen erteilen dem Ansinnen aus Kostengründen eine Absage. Auch die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt musste wegen der hohen Kosten von dem Prüfauftrag lange überzeugt werden.

Gegenüber der taz verweist eine Sprecherin darauf, dass nur das Parlament über die Bereitstellung der Haushaltsmittel entscheiden kann. Die Betriebskosten für die 1,5 Kilometer kurze Strecke betragen eine Million Euro. 6,50 Euro zahlt der Fahrgast für eine Hin- und Rückfahrt. Die Gondeln sind allerdings nur zwischen 10 und 17 Uhr im Betrieb, also nicht im Berufsverkehr.

Die Seilbahn hat viel zur Verbesserung des Images des Ostbezirks beigetragen

Dabei könnte die Seilbahn viel dazu beitragen, dass Marzahn-Hellersdorf und sogar die Berliner Innenstadt vom Autoverkehr entlastet werden. Das findet zumindest die SPD-Abgeordnete Iris Spranger. „Würde sie auch im Berufsverkehr und zum BVG-Tarif fahren, wären viele Marzahner besser an die U-Bahn angeschlossen“, ist sie überzeugt. Die Gegend um die Gärten der Welt sei im öffentlichen Verkehr hauptsächlich mit Bussen erschlossen – für viele Anwohner keine Alternative zum Auto.

„In der wachsenden Stadt kann man nicht mehr allen Verkehr auf die Straße legen. Seilbahnen sind da eine gute Alternative. Sie sind leise, umweltfreundlich und schnell zu bauen.“ Spranger würde die Seilbahn selbst dann in den öffentlichen Nahverkehr einbinden wollen, wenn das zusätzlich Geld kostet. „Das wäre ein Modell für neu zu errichtende Stadtteile in Spandau und Tegel. Seilbahnen in Großstädten sind viel zu wenig erprobt. Selbst andere Städte wie Bremen interessieren sich schon dafür.“

Auch der linke Wahlkreisabgeordnete Kristian Ronneburg freut sich über das Umdenken im Senat. „Berlin hätte sonst eine Chance verpasst, Seilbahnen auch als öffentliches Verkehrsmittel – nicht nur als Attraktion – zu begreifen. Wie die Prüfung auch ausgehen wird, die rot-rot-grüne Koalition wird sich in jedem Fall für den dauerhaften Weiterbetrieb der Seilbahn einsetzen.“

Der grüne Verkehrspolitiker Harald Moritz dämpft den Optimismus ein wenig. „Der Senat muss jetzt erst einmal prüfen, ob die Seilbahn dem ÖPNV nützt. Es stellen sich die Fragen der Betriebs- und Investitionskosten.“ Erst wenn diese Zahlen vorliegen, sei die Frage entscheidungsreif, wie es mit der Seilbahn weitergeht. Geprüft werden soll aber auch, so Moritz, ob die Seilbahn möglicherweise wirtschaftlicher arbeiten könne, wenn ihre Strecke verlängert werde.