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: China steckt mehr Geld ins Militär, trotz Wirtschaftsflaute

Der Verteidigungshaushalt steige um 7,5 Prozent, kündigte Premier Li Keqiang zum Start des Nationalen Volkskongresses an. Die Unternehmen sollen von Steuersenkungen profitieren

Das Neue

Je schlechter es Chinas Wirtschaft geht, desto mehr scheint die kommunistische Führung auf ihr Militär zu setzen. Die chinesische Wirtschaft wird in diesem Jahr den Prognosen des Premiers zufolge mit 6,0 bis 6,5 Prozent so langsam wachsen wie seit fast drei Jahrzehnten nicht. Das Militärbudget hingegen will die Führung um 7,5 Prozent anheben. Das teilte Chinas Premierminister Li Keqiang zum Auftakt der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses in seinem Rechenschaftsbericht mit.

Der Kontext

Offiziell ist der Volkskongress ein Parlament und Chinas höchstes Gremium. Doch die fast 3.000 Delegierten, die einmal im Jahr zur zweiwöchigen Plenarsitzung zusammenkommen, haben nicht wirklich etwas zu sagen. Sie nicken bloß ab, was ihnen die kommunistische Führung vorgibt – und das ist diesmal die militärische Aufrüstung.

Dabei verfügt China mit geschätzten 250 Milliarden US-Dollar bereits über den zweithöchsten Verteidigungshaushalt der Welt. Die USA geben zwar immer noch mehr als doppelt so viel aus. Doch die chinesischen Volksbefreiungsarmee ist bei weitem nicht an so vielen Auslands­einsätzen beteiligt wie die USA. Zudem werden viele Militärausgaben in China durch andere Haushaltsposten abgedeckt. Der tatsächliche Verteidigungsetat dürfte daher doppelt so hoch sein, manche Experten gehen gar von dreimal so vielen Ausgaben für das Militär aus.

Die Reaktionen

Chinas Premier Li verteidigt den hohen Militäretat damit, dass auch China von den wachsenden Unsicherheiten auf der Welt betroffen sei. Die „Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen“ des Landes müssten geschützt werden, daher wolle China seine Streitkräfte stärken und das „Training unter Kampfbedingungen“ verbessern.

Insbesondere die Anrainerstaaten im Südchinesischen Meer beobachten diese Aufrüstung mit Sorge. China betrachtet die dort verlaufenden Handelswege, längst die meistgenutzten der Welt, als Teil seines Territoriums. Mit dem Bau von Militärbasen auf künstlich aufgeschütteten Inseln versucht es, die Anrainerstaaten vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dieses Vorgehen ist auch den USA ein Dorn im Auge, die ihrerseits in der Region aufrüsten.

Noch größer ist die Angst vor Peking in Taiwan. Unverhohlen droht der chinesische Premier, gegen dortige „separatistische“ Aktivitäten vorzugehen, die nach Unabhängigkeit streben. Formal wird Taiwan von den meisten Ländern der Welt zwar nicht mehr als unabhängiger Staat anerkannt. De facto wird die Insel mit seinen 20 Millionen Einwohnern aber seit 70 Jahren unabhängig regiert – und zwar anders als die Volksrepublik, demokratisch.

Die Konsequenz

Mit Steuersenkungen will Chinas Führung jetzt auf das Schwächeln der Wirtschaft reagieren. Ausländische Unternehmen sollen zudem in mehr Bereichen investieren können, der Finanzmarkt soll weiter liberalisiert werden. Zudem will China sich stärker an international akzeptierte Handelsregeln halten.

Felix Lee, Peking