Wolfgang Mulke über die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst
: Kein Geld, keine Qualität

Gerne beteuern Politiker in Sonntagsreden die Bedeutung des öffentlichen Dienstes für eine funktionierende Gesellschaft und ihre Verantwortung dafür. Wenn es darum geht, diese Wertschöpfung auch in Euro und Cent für die Beschäftigten auszudrücken, ist es mit der Rückendeckung schnell vorbei. Das zeigt sich kurz vor der entscheidenden Runde in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder wieder einmal deutlich. Weder haben die Arbeitgeber bisher ein Angebot vorgelegt, noch zeichnen sich Kompromisslinien ab. Es werden anstrengende Stunden für die Verhandlungsführer der Gewerkschaften.

Sicher stehen die Länder vor der schwierigen Aufgabe, Investitionen nachzuholen und Personal aufzustocken, gleichzeitig jedoch höhere Ausgaben für die Beschäftigten aufzubringen. Dieses Argument der Arbeitgeber trägt jedoch nicht weit. Ein funktionierender öffentlicher Dienst kostet etwas. Wenn die Einkommen hinter denen in der Wirtschaft herhinken, wandern gute Leute ab oder kommen erst gar nicht hin. Die Qualitätsprobleme bei der Polizei in Berlin oder Nordrhein-Westfalen, der Wettbewerb um Lehrer oder fehlendes Personal in den Universitätskliniken belegen die Fehlentwicklung bei der Bezahlung im öffentlichen Dienst. Die viel beschworene Wertschätzung hat also auch etwas mit Geld zu tun.

Für Verdi-Chef Frank Bsirske ist es der letzte große Auftritt auf der Tarifbühne, bevor er im Herbst seinen Posten räumt. Es liegt nahe, dass er sich mit einem guten Ergebnis in den Ruhestand verabschieden will. Als Bsirske vor 18 Jahren den Verdi-Vorsitz übernahm, wollte er mit alten Tarifritualen brechen und gleich mit einer realistischen Lohnforderung an den Verhandlungstisch ziehen. Das war blauäugig und schnell wieder erledigt.

Heute will er 6 Prozent mehr Lohn, wenigstens aber 200 Euro herausholen. Das Ergebnis wird wie gewohnt darunter liegen und differenzierter sein, als es die plakative Prozentzahl ausdrücken kann. Ein deutliches Plus sollte aber drin sein, notfalls auch mit einem Arbeitskampf durchgesetzt.

inland