heute in bremen
: „Die Richtigen auslachen“

Foto: Emil Haase

Lisa Politt, 62, macht rabiat witziges Kabarett. Seit 2003 betreibt sie das Polittbüro, ein Theater in Hamburg-St. Georg

Interview Benno Schirrmeister

taz: Frau Politt, kommen Sie freiwillig nach Bremen?

Lisa Politt: Mehr als das. Ich habe immer äußerst gern in Bremen gastiert.

Sie sind aber so selten hier …

Es lohnt sich auch nicht mehr so: Früher kam zur Spielfreude noch die Freude an einer hohen Gage hinzu. Ich erscheine aber selten im Fernsehen. Das ist grundsätzlich nicht schade, weil ich die meisten Kabarettformate dort nicht mag. Weil die Zuschauer aber mehrheitlich denken, dass das, was sie unter diesem Label im Fernsehen sehen, Kabarett sei, und das, was dort nicht erscheint, keines, schlägt sich das negativ auf den Besuch meiner Abende nieder.

Doofes Fernsehen.

Lustig in dem Zusammenhang: Eine Geschichte, die mir neulich mit meinem Heimatsender passiert ist. Weil Maren Kroymann Gast auf dem „Roten Sofa“ war, hatte man mich für einen humoristischen Beitrag nachgefragt. Thema: „Warum gibt es so wenig Frauen im politischen Kabarett?“ Nach einer Schrecksekunde, dass sich tatsächlich der NDR bei mir meldet, hab’ich geantwortet: „Sie fragen mich gerade, warum es mich nicht gibt, statt über meine Arbeit zu berichten, was vielleicht zur Folge hätte, dass es mich gäbe …? – Lustige Idee: Lassen Sie mich einen satirischen Beitrag darüber machen!“ Aber so viel Humor hatte man dann doch wieder nicht.

„Die Welt“ nennt Ihr Programm Sollbruchstelle „würdig“. Ist es echt so schlimm?

„… des Jubiläums als würdig“, muss man der Vollständigkeit halber sagen: Wir hatten im September 15-jähriges Bestehen unserer Bühne „Polittbüro“ in Hamburg. Ich habe mich über die Kritiken sehr gefreut: Ich habe schon früher gesagt, dass ich froh bin über jede Partei, die sich mit meinem Programm identifizieren kann.

„Sollbruchstelle“: Kabarett-Solo von und mit Lisa Politt, 20 Uhr, Bremer Kriminal­theater, Theodor-straße 13a

Viele Statements von Trump bis zur AfD hätten wir in den 1990ern als schwarzen Humor gedeutet: Sind das Kabarettisten ohne Pointe?

Sagen wir: Es lachen die Falschen. Lächerlich sind Kollegen, die jetzt an Trump, Orbán oder Erdoğan abwatschen, was sie an der eigenen Regierung unkritisiert lassen. „Mauer an der Außengrenze? – Wo gibt’s denn so was?! Fremdenfeindlichkeit, Abschottungspolitik?! Kennen wir hier gar nicht.“ Diese Art der Ersatzhandlung finde ich peinlich.

Was heißt das fürs Kabarett?

Da die AfD sich nun der Mittel bedient, die bisher der Satire vorbehalten waren: der Provokation, Übertreibung und der dramaturgisch zweckdienlichen Lüge, wird politische Aufklärung im Gegenzug wieder Teil des Kabaretts. Das ist eine Herausforderung, die ich gern annehme: Mit aggressivem Witz mit dem Publikum die Richtigen auslachen, ist mein größter Spaß. Oft gelingt es nur mit kreativen Mitteln, seine scheinbar ausweglose Ohnmacht gegenüber Mächtigen partiell zu überwinden, wie beim Zahnarzt – sagt der zur Patientin: „Sagen Sie – täusch’ich mich, oder haben Sie Ihre Hand an mei’m Sack?“ Darauf sie: „Stimmt. Wir wollen uns doch nicht gegenseitig wehtun, oder?“