Kolumne Press-Schlag: Großartige Mischung

Seit einem Vierteljahrhundert bildet der DFB in seinem Elitezirkel eine Quotenfrau pro Jahr als Trainerin aus und ist auch noch stolz darauf.

Gruppenfoto der ausgebildeten DFB-Trainer

Gelungene Inklusion? Eine Frau in der Mitte der Absolventen des Fußballlehrer-Lehrgangs Foto: dpa

Da ist dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) mal wieder ein ganz schwieriger Fall von Inklusion gelungen. Diesen Eindruck vermittelt zumindest das Foto, das der DFB aktuell auf seiner Webseite präsentiert. 23 Absolventen und eine Absolventin haben am Donnerstag an der Hennes-Weisweiler-Akademie die höchste Trainerlizenz erhalten, die der DFB zu vergeben hat. Und für das Abschlussfoto haben die 23 Männer – in der großen Mehrzahl mit Anzug und Krawatte angetreten – Theresa Merk in ihre Mitte genommen. Daniel Niedzkowski, der Leiter des Lehrgangs, sprach mit Blick auf seine erfolgreichen Schüler von einer „großartigen Mischung“.

Zumindest was die Mischung zwischen Männer und Frauen angeht, hat sich beim DFB eine erstaunliche Selbstzufriedenheit etabliert. Die präsidialen Sonntagsreden von DFB-Chef Reinhard Grindel sollen zwar zeigen, dass der Verband ganz entschieden mit der Zeit geht: „Für die Zukunftsfähigkeit der Vereine ist es unabdingbar, Frauen in verantwortungsvolle Positionen einzubinden.“

In der Praxis bewegt sich kaum etwas. Die Quotenfrau gibt es bei der Elite-Trainerausbildung bereits seit gut 25 Jahren. Ulrike Ballweg (1993), die einstige Assistenztrainerin beim Frauennationalteam, zählte zu den Pionierinnen. Hin und wieder räumte der DFB gar einen zweiten Platz für eine Frau. Hin und wieder aber auch schleuste man wie 2018 einen reinen Männerlehrgang durch.

Dieses krasse konstante Missverhältnis offenbart ein verheerendes Selbstverständnis beim DFB: Die Förderung von Trainerinnen wird nicht als dynamische Herausforderung begriffen, sondern eher als quotiertes Zugeständnis an eine vermeintliche Randgruppe. Im ehrenamtlichen Bereich, wo es nichts zu verdienen gibt, gibt es zumindest Anzeichen von Bewegung. Um sie zu erkennen, bedarf es allerdings eines Mikroskops.

Wachsende Mutlosigkeit

Im Jahr 2016 startete der größte nationale Sportverband der Welt (über 7 Millionen Mitglieder) sein Leadership-Programm für Frauen im Fußball mit 24 ehrenamtliche Vereins- oder Verbandsmitarbeiterinnen. Hannelore Ratzeburg, seit 1995 die einzige Frau im DFB-Vorstand, sagte, sie freue sich, dass der Verband den Frauen dieses Angebot machen kann. Auch das illustrierte das DFB-Denken. Man betrachtet derartige Ini­tia­tiven nicht als Gebot, sondern als Angebot.

Es ist an der Zeit, dass man sich beim Deutschen Fußball-Bund fragt, was geboten ist. Im europaweiten Vergleich droht man den Anschluss zu verlieren. Die englische Liga ist dabei, der deutschen den Rang abzulaufen. In Spanien und Italien werden beim Frauenfußball Zuschauerrekorde in den großen Stadien von Atlético Madrid und Juventus Turin erzielt, während der VfL Wolfsburg es diese Woche vorzog, für das Champions-League-Halbfinale gegen Lyon nicht in die große Arena, die Heimstätte der Männer, zu ziehen. Derzeit wächst im deutschen Frauenfußball nur die Mutlosigkeit.

Imke Wübbenhorst wird übrigens im nächsten DFB-Trainerlehrgang die Quotenfrau sein. Dass sie vor Kurzem beim Fünftligisten BV Cloppenburg das Männerteam übernommen hat, wurde in den deutschen Medien als kleines Weltwunder gefeiert. In Frankreich zeichnete man Corinne Diacre 2015 als beste Zweitliga­trainerin aus. Sie betreute damals das Männerteam von Clermont Foot. Mittlerweile coacht sie das französische Frauennationalteam. Wübbenhorst hat da im deutschen Fußball noch einen weiten Weg vor sich, um Ähnliches zu erreichen.

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