Kolumne Geht’s noch?: Es wird eng für den Journalismus

Monatelang wurde die Gefahr beschworen, die der Mueller-Bericht für Donald Trump darstelle. Jetzt stehen Demokraten wie Analysten blamiert da.

Robert Mueller

Auf's falsche Pferd gesetzt? Sonderermittler Robert Mueller in Washington. Foto: ap

Jetzt wird es eng für die politischen Journalisten. Nachdem Sonder­ermittler Robert Mueller seine „Hexenjagd“ abgeschlossen hat, die alte Hexe Donald aber überraschend doch gar nicht vom Kreml ferngesteuert um den Schornstein des Weißen Hauses düst, sondern mit Antrieb aus US-amerikanischer Fabrikation, stehen die Analysten blamiert da.

Statt zu versuchen, zu verstehen, warum so viele US-Bürger einen pathologischen Lügner, Schulhofschläger und Bad-Hair-Contest-Dauergewinner wählten, und sich zu überlegen, wie man sie davon überzeugen könnte, beim nächsten Mal eine etwas zivilisiertere Alternative zu erwägen, haben sie sich darauf versteift, dem Mann illegale Absprachen mit dem Unsympathen auf der anderen Seite des Erdballs nachzuweisen.

Statt Trump politisch zu stellen, setzte man die Hoffnung darauf, ihn juristisch aus dem Amt zu schaffen. Aber ob es überhaupt so klug gewesen wäre, die Trump-Basis zurückzugewinnen zu versuchen, indem man ihr Idol per Impeachment aus dem Amt kegelt?

Statt solch ungemütliche Fragen zu stellen, haben die versammelten Experten lieber Woche für Woche behauptet, dass „es jetzt eng wird für Trump“; ja enger und enger.

Keine rauchende Kanone

Und zwar ganz gleich, ob Mueller einen neuen Zeugen geladen oder sich zum Mittagsschläfchen hingelegt hat. Mueller wurde zum Superhelden stilisiert, doch Supermueller hat zwar offenbar jeden Stein gewendet und dabei auch allerlei Asseln aufgeschreckt, aber eben nicht die rauchende Kanone gefunden, die er gesucht hat. Weshalb Trump plötzlich wie der strahlende Sieger dasteht und sich die putinfreundliche Presse vor Schadenfreude scheckig lacht.

Schon trommeln die verzweifelten Demokraten, wenn der Bericht nun aber erst mal gänzlich veröffentlicht werde, dann würde es aber wirklich eng werden für Trump. So wie es eng für ihn wurde, als er bei der Midterm-Wahl zum Repräsentantenhaus Verluste hinnehmen musste. Einhergehend zwar mit Gewinnen im Senat, aber ganz schön eng war es trotzdem. Und so wird es sicher auch ganz schön eng, wenn erst mal Joe Biden kandidiert. Oder der komische Kim irgendwas macht. Sehr, sehr eng wird das dann.

Schließlich könnten wir Zeuge werden, wie es bis zum Ende der zweiten Legis­laturperiode 2024 jeden Tag ein bisschen enger wird für Trump. Und dann wird plötzlich einfach Schluss sein. Genau wie alle es immer schon vorhergesagt haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.