Heute wieder hoch aktuell

Eine Ausstellung in Kreuzberger Rathaus zeigt, welche Spuren Gustav Landauer hinterlassen hat

Von Peter Nowak

Das verabredete Treffen von zivilen Beamten der politischen Polizei mit dem Redakteur einer anarchistischen Zeitung wurde jäh beendet, als Männer mit falschen Bärten in das Lokal kamen und ihre Umgebung von dem Rendezvous informierten. Daraufhin traten die Spitzel die Flucht an. Über diese lustige Begebenheit von 1896 wird in der Ausstellung „Gustav Landauer in Berlin“ informiert, die zurzeit im Foyer der ersten Etage des Kreuzberger Rathauses zu sehen ist. Auf 23 Tafeln wird über Leben und Werk des anarchistischen Sozialisten Gustav Landauer informiert. Die Schau schlägt den Bogen von seiner Herkunft aus Karlsruhe bis zu seiner Ermordung in München am 2. Mai 1919.

Der Schwerpunkt liegt auf Landauers 28 Berliner Jahre. Von 1889 bis 1917 hatte Landauer in Berlin gelebt und auf politischem und künstlerischem Gebiet viele Spuren hinterlassen. Die Spannbreite seines Engagements wird in einem Satz auf einer der Tafel deutlich: „Gustav Landauer noch immer unvergessen – ermordet als Anarchist, Sozialist und Jude“, heißt es da.

Die AusstellungsmacherInnen haben dabei viele unbekannte Details dokumentiert, beispielsweise die enge Verbindung des Ballhauses Naunynstraße mit der anarchistischen Bewegung vor über hundert Jahren. Auch die von Landauer mitbegründete „Berliner Gruppe Jugend“, die vor mehr als hundert Jahren in Charlottenburg Stadtteilarbeit machte, ist heute kaum noch bekannt.

Eine Tafel widmet sich Landauers Beziehungen zur jüdischen Bewegung. Als Siegfried Lehmann 1916 das „Jüdische Volksheim“ in der heutigen Max-Beer-Straße 5 eröffnete, hielt Landauer die Eröffnungsrede und gehörte zu den Förderern dieses Projekts, das praktische Sozialarbeit mit der Pflege jüdischer Traditionen verband. Kurz danach verließ Landauer aus privaten Gründen Berlin und zog nach Bayern.

Durch die Freundschaft mit Kurt Eisner, dem ersten bayerischen Ministerpräsidenten nach dem Sturz der Monarchie, wurde Landauer zu einen Exponenten der bayerischen Räterepublik, blieb aber in Berlin unvergessen. Davon zeugen zahlreiche von FreundInnen und GenossInnen organisierte Gedenkveranstaltungen kurz nach seiner Ermordung.

Erst die Nazis haben es geschafft, Landauer gründlich aus dem öffentlichen Gedächtnis zu streichen. Doch auf einigen Tafeln wird auch gezeigt, wie in der außerparlamentarischen Linken das Interesse an Landauer wieder wächst. „Landauer ist heute hoch aktuell. Zur intensiven Beschäftigung mit einer Person oder einem Werk gehören der Glaube an deren Relevanz und eine gewisse Faszination doch wohl hinzu, aus rein historischem Hobbytum macht das doch keiner“, sagt Jan Rolletschek, der in Berlin die Landauer Denkmal­initiative mitgründet hat. Sie will zu Landauers 150. Geburtstag am 7. April 2020 das Denkmal einweihen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Mai 2019 im Rathaus Kreuzberg in der Yorkstraße 4–11 zu stehen. Dazu wird ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen und historischen Spaziergängen auf den Spuren von Gustav Landauer in Berlin geboten.