Gastkommentar vor dem SPD-Parteitag: Verbeamtung löst nicht das Problem

Am Wochenende will sich die SPD auf eine Linie zur Lehrerverbeamtung verständigen. Die Juso-Vorsitzende hält davon nichts.

Sollten Lehrerinnen und Lehrer wieder Beamte werden können? Darüber streitet die SPD Foto: dpa

Die Not des Fachkräftemangels im Berliner Schulbetrieb ist groß – und guter Rat zur Linderung des Problems entsprechend teuer. Die Wiedereinführung der Verbeamtung wird die Personallücke in Berlin jedoch nicht schließen können. Zum einen herrscht auch in den 15 Bundesländern, die eine Verbeamtungsoption bieten, Fachkräftemangel.

Dies legt den Schluss nahe, dass die Verbeamtung eher nicht der gesuchte Schlüssel zur Lösung des Problems sein kann. Zum anderen würde Berlin mit der Wiedereinführung der Verbeamtung eine langfristig sehr teure Maßnahme ergreifen, obwohl nicht einmal belegt ist, dass die Lehrkräfte, die aus Berlin abwandern, aufgrund der fehlenden Verbeamtungsoption kündigen. Zudem würde die Verbeamtung zwar einer gewissen Gruppe zugutekommen, jedoch gleichzeitig mehrere Tausend Lehrkräfte ausschließen – nämlich jene, die aufgrund ihres Alters, gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder mangels deutscher Staatsbürger*innenschaft nicht verbeamtet werden können. Das ist ungerecht.

Um im bundesweiten Wettbewerb um Lehrkräfte bestehen zu können, muss Berlin als Arbeitgeber attraktiver werden. Dazu sind andere Maßnahmen sinnvoller und notwendiger. Da die übrigen Bundesländer ihre Lehrkräfte verbeamten, wäre die Wiedereinführung der Verbeamtung für Berlin kein Wettbewerbsvorteil. Eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Berlin für alle Lehrkräfte wäre dies jedoch schon.

Die Frage der Verbeamtung führt an einer Lösung der zentralen Herausforderungen und täglichen Probleme in unseren Schulen und Klassenzimmern vorbei. Das Kernproblem liegt in der Überlastung der Berliner Lehrer*innen. Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter*innen brauchen konkrete Entlastung, Wertschätzung und mehr Unterstützung. Dazu gehören beispielsweise die Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung, Arbeitsentlastungen für korrekturlastige Fächer, die Entlastung von bürokratischen Aufgaben, die Einführung von Lehrkraftassistent*innen, eine Wohnungsgarantie für Berliner Lehrer*innen in landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und der Ausbau von Leitungs- und Fachstellen.

Indem wir mit diesen Maßnahmen die Situation aller Lehrkräfte verbessern, bauen wir den Berliner Schuldienst so zum Leuchtturm für gute Arbeit und Bildung aus und können damit sogar zusätzliche Fachkräfte von Berlin überzeugen.

Annika Klose, Jahrgang 1992, ist seit Oktober 2015 Landesvorsitzende der Jusos Berlin.

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