Der 1. Mai, ein ganz normaler Tag?

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg will, dass im Görlitzer Park am 1. Mai nicht gefeiert wird. Revolutionäre Demo verlässt Kreuzberg

Die Feier im Görlitzer Park war AnwohnerInnen letztes Jahr zu viel Foto: André Wunstorf

Von Andreas Rabenstein

Beim großen Straßenfest am 1. Mai in Kreuzberg soll der Görlitzer Park in diesem Jahr frei von Partys bleiben. Musik, Grills und Verkaufsstände seien an dem Tag verboten, teilte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Donnerstag mit. So sollen die Grünanlage und die Anwohner vor den spontanen Partys Tausender junger Menschen geschützt werden. Stattdessen solle der Park ein „Ort der Entspannung für alle Kreuzberger und Gäste“ sein. Das Motto lautet: „Ein ganz normaler Tag im Park“.

Das während des Straßenfestes geltende Verbot für Glasflaschen soll an den Eingängen zum Park kontrolliert werden. Die Parkbesucher werden also voraussichtlich auf Alkohol in Plastikflaschen und die nicht legalen Drogen, die auch sonst im Park geraucht und verkauft werden, zurückgreifen.

Indirekt gibt das Bezirksamt damit auch zu, dass das Konzept vom vergangenen Jahr gescheitert ist. Nach einigen Jahren mit spontanen Partys hatte der Bezirk 2018 selbst Bühnen und Bierverkaufsstände unter dem Namen „MaiGörli“ organisiert und genehmigt. Prompt war der Park trotz Kontrollen an den Eingängen in Teilen überfüllt, die Toiletten reichten nicht aus, der Müll türmte sich auf. Anwohner wurden im November zu ihrer Meinung befragt: „Die Befragten positionierten sich klar gegen eine Fortsetzung des MaiGörli“, hieß es.

Das sogenannte „MyFest“, das ursprünglich nur als Maßnahme gegen die Ausschreitungen nach der linksradikalen Demonstration gedacht war, entwickelte sich in den vergangenen 15 Jahren von einem Stadtteilfest zu einem Anziehungspunkt für Zehntausende trinkfreudiger junger Menschen. Das von den Grünen geführte Bezirksamt versuchte bisher vergeblich, das Partygeschehen zu reduzieren.

Das Bezirksamt versuchte bisher vergeblich, das Partygeschehen zu reduzieren

Die Verbote von Glasflaschen und Dosen, wildem Alkoholverkauf und nicht genehmigten Straßenpartys in einer festgelegten Zone will das Bezirks­amt in diesem Jahr „intensiv“ kontrollieren. Vor den Kneipen seien Musikanlagen und draußen stehende Zapfanlagen nicht erlaubt, hieß es. Getränke dürfen nur in Plastik- oder Pappbechern verkauft werden.

Alle üblichen Geschäfte müssten wegen des Feiertags geschlossen bleiben, so der Bezirk. Das gelte ausdrücklich auch für sogenannte Spätis, die kleinen Läden mit Zigaretten, Bier und Lebensmitteln. „Sie unterliegen dem Berliner Ladenöffnungsgesetz, wonach Einzelhandelsbetriebe an Sonn- und Feiertagen, also auch am 1. Mai, nicht öffnen dürfen.“

Ob sich die traditionellen linken Demonstrationen am Nachmittag und Abend vor allem in Kreuzberg oder Friedrichshain abspielen werden, könnte lange offenbleiben. Zwar wird auf Plakaten zum „Revolutionären 1. Mai 2019“ um 18 Uhr am Wismarplatz in Friedrichshain aufgerufen. Das Motto lautet: „Gegen die Stadt der Reichen“. Und inzwischen gibt es bei der Polizei auch eine Anmeldung für eine Demonstration, die am Nachmittag mit 200 Teilnehmern vom Schlesischen Tor zum Wismarplatz ziehen will. Die Polizei rechnet aber auch mit anderen Orten für Versammlungen oder Aufmärsche. (mit dpa)