Tinderleicht zur richtigen Partei

Ein Team aus Professoren und Webdesignern stellt mit „Wahl-Swiper“ einen weiteren Dienst vor, der Bremer*innen die Wahl am 26. Mai einfacher machen soll. Im Vordergrund steht aber die politische Bildung

Bei der Qual der Wahl soll neben „Abgeordnetenwatch“ und dem „Wahl-O-Mat“ nun auch der „Wahl-Swiper“ helfen Foto: Joerg Sarbach/dpa

Von Cornelius Runtsch

Sieben Wochen vor der Bürgerschaftswahl ist ein weiterer Wahlhelfer online gegangen, der die Wähler*innen beim Setzen ihres Kreuzes unterstützen will. Der „Wahl-Swiper“ wurde von der Berliner Webagentur Movact sowie von Forscher*innen um den Freiburger Politikwissenschaftler Uwe Wagschal entwickelt. Die lokale Perspektive liefern die Bremer Politikwissenschaftler Herbert Obinger und Lothar Probst.

Der Wahl-Swiper ist sowohl über die gleichnamige Website als auch als Download über die App-Stores abrufbar. Wer einmal das Programm geöffnet hat, wird schnell eine gewisse Ähnlichkeit zu Online-Dating-Plattformen wie Tinder feststellen. Dazu erklärte Projektmanager Matthias Bannert (Movact) bei der Präsentation des Programms am gestrigen Donnerstag, dass dieses Design bewusst gewählt wurde, um einen jungen, spielerischen Umgang mit politischen Themen zu ermöglichen.

Insgesamt gibt es Beim beim Wahlswiper 32 Fragen mit Bezug auf die Bremer Lokalpolitik, die sowohl die 16 zur Wahl stehenden Parteien als auch der/die jeweilige User*in beantworten können. Zu jeder Frage gibt es ein zusätzliches Einführungsvideo, das den Inhalt und die Kontroverse knapp zusammenfasst. Am Ende vergleicht die App alle Antworten und gibt den Benutzer*innen eine Übersicht über die Parteien mit den höchsten Übereinstimmungen. „Anders als bei anderen Produkten sehen die User am Ende die prozentuale Übereinstimmung mit allen 16 Parteien und nicht nur mit den sechs im Parlament vertretenen“, sagte Herbert Obinger.

Des Weiteren behandele der Wahl-Swiper gezielt Bremische Fragen wie nach der Zukunft der Galopprennbahn oder zur geplanten Weservertiefung, erklärte der Freiburger Uwe Wagschal.

Die Fragen umfassen insgesamt 13 Politikfelder, ausgewählt wurden sie von Politik-Expert*innen der beiden Universitäten. Auch dies unterscheide die App von anderen Diensten wie dem „Wahl-O-Mat“, der seine Fragen hauptsächlich von jungen Laien auswählen lasse, so Wagschal.

Überhaupt begreift das Team die Entwicklung der App vordergründig als Dienst an der Demokratie. „Wir von Movact bekommen keine Förderung für die Entwicklung der App und wir haben uns bewusst gegen Anzeigenschaltung entschieden“, sagte Bannert. Das Projekt fußt ausschließlich auf der Hilfe von Einrichtungen wie beispielsweise den Universitäten Freiburg und Bremen.

Gerade bei der geringen Wahlbeteiligung in Bremen sei jedes Mittel zur Aufklärung und Politisierung der Wähler*innen wichtig, sagte Obinger. Es gehe hier auch um einen Wissens­transfer von den Universitäten zur Öffentlichkeit.

Der „Wahl-Swiper“ ist nur einer von mehreren Diensten, die die Wahl einfacher machen sollen:

Am 24. April wird der „Wahl-O-Mat“ vorgestellt, der von der Bundeszentrale für politische Bildung und Jugendlichen im Alter von 18 bis 26 Jahren entwickelt wird. Ihn wird es auch für die Europa-Wahl geben.

Einen anderen Ansatz verfolgt das Frage-Antwort-Portal Abgeordnetenwatch. Hier ist das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft dokumentiert. Außerdem können Bürger*innen den jeweiligen Kandidat*innen direkt Fragen stellen.

„Allerdings“, räumte Wagschal ein, „ist das Projekt für uns Politikwissenschaftler auch in Bezug auf die Datenauswertung spannend.“ Das Antwortverhalten der einzelnen Parteien biete demnach eine Möglichkeit, die politische Landschaft in Bremen exakt abzubilden und die inhaltlichen Entfernungen zwischen den Parteien sichtbar zu machen.

So werden auch mögliche Koalitionen bereits inhaltlich greifbar: Eine erste Auswertung ergab die höchste Schnittmenge zwischen den Position der Linken und den Grünen mit rund 78 Prozent. Darauf folgten mit 75 Prozent Überschneidung das Duo „SPD-Grüne“. Auf Platz vier und fünf stehen mit jeweils 65,5 Prozent Überschneidung die Paarungen „CDU-AfD“ und „FDP-AfD“.

Die geringste Überschneidung gibt es mit 12,5 Prozent zwischen den Positionen der AfD und der Linken. Eher entgegen dem Bundestrend teilen Grüne und CDU nur in 37,5 Prozent der Fälle dieselbe Meinung. Und auch die Variante Groko erreicht nur eine inhaltliche Überschneidung von 50 Prozent.

Die Bürgerschaftswahl in Bremen ist bereits die fünfte Wahl, die der Wahl-Swiper betreut. Zuvor gab es den Dienst schon für die Bundestagswahl 2017 sowie für die Landtagswahlen in Hessen, Bayern und Niedersachsen. Am 26. April wird zusätzlich ein weiterer Wahl-Swiper zur Europawahl 2019 online gehen. Dieser wird in 13 europäischen Ländern als „Vote-Swiper“ zur Verfügung stehen.