Naturschutz siegt vor Gericht: Wald statt Wohnungen

Das Vorhaben, in Wohldorf-Ohlstedt eine Siedlung zu bauen, ist gescheitert. Die Wohnungen wären zu nah am europäischen Naturschutzgebiet Wohldorfer Wald.

Ein Waldweg durch einen Laubwald.

Muss pfleglich behandelt werden, findet das Oberverwaltungsgericht : der Wohldorfer Wald Foto: Vitavia/Wikimedia Commons

HAMBURG taz | Das Hanseatische Oberverwaltungsgericht hat die geplante Wohnsiedlung am Rande des Wohldorfer Waldes gestoppt. Das Gericht stellte die generelle Eignung der betroffenen Freiflächen in Frage: Die Planziele rechtfertigten es nicht, die Lebensräume geschützter Arten wie Fledermäuse und Fischotter zu opfern, lautet der Tenor des Urteils (OVG Hamburg, 2E8/17.N).

Der für unwirksam erklärte „B-Plan“ Wohldorf Ohlstedt 13 sah insgesamt 188 Wohnungen in unmittelbarer Nähe zum Europäischen Vogelschutz- und gemeldeten Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebiet „Wohldorfer Wald“ vor. Dabei wurden die Belange der Natur nach Ansicht des Vereins Wohldorfer-Wald-Hilfsfonds nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem seien notwendige Artenschutzgutachten nicht erstellt worden.

Das sah das Gericht auch so und erklärte den umstrittenen Bebauungsplan für unwirksam. Das Urteil sieht keine Revision vor, die Stadt Hamburg kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde einreichen.

„Das Urteil zu Wohldorf-Ohlstedt 13 ist höchst erfreulich“, sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND. „Der Bebauungsplan ist unwirksam, damit bleibt die Fläche bis auf Weiteres geschützt.“

Hintergrund des Prozesses ist ein jahrzehntelanger Konflikt zwischen der Stadt und NaturschützerInnen. Trotz eines erfolgreichen Bürgerbegehrens im Bezirk Wandsbek verabschiedete der Senat den umstrittenen Bebauungsplan Wohldorf-Ohlstedt 13. Daraufhin klagten 2008 der BUND, der Verein Wohldorfer-Wald-Hilfsfonds sowie eine Privatperson.

Das Gericht stellte die generelle Eignung der Freiflächen für die Planziele in Frage

2011 einigten sich die Ohl­stedterInnen und die damalige SPD-Regierung auf ein politisches Moratorium, um dem Senat Zeit für eine Überarbeitung des Bebauungsplans zu geben, die den Naturschutz stärker berücksichtigen sollte. Während dieser Zeit ruhte auch die Klage der Beteiligten. 2015 verlängerte der rot-grüne Senat das Moratorium für eine weitere Legislaturperiode.

Der Senat nahm die zugesagte Überarbeitung jedoch nie vor und ließ das Moratorium zum Ende des Jahres 2020 auslaufen. Zudem kündigte er an, mit den Bauarbeiten zu beginnen, sodass der Hilfsfonds seine Klage wieder aufnahm.

Anders der Mitkläger BUND: Dieser ließ sein Verfahren weiterhin ruhen, um sich eine Handlungsoption zu sichern. Wäre der Hilfsfonds vor Gericht gescheitert, hätte der BUND eigenständig klagen können, erläutert Braasch.

Neuer Anlauf befürchtet

Die Wiederaufnahme der Klage 2017 war, wie Michael Schütt, Vorstand des Wohldorfer-Wald-Hilfsfonds, sagt, „eine Art Notwehrsituation“. Diverse Verhandlungsangebote an die Stadt seien abgeschmettert worden. „Hätte man die Bebauung weiter weg vom Wohldorfer Wald gehalten, hätte man Achsen als Wanderwege für die Tiere freigehalten und eine Grundlage für eine Diskussion gehabt“, sagt Schütt.

Für ihn gibt es weitere wichtige Gründe gegen die Gültigkeit des Bebauungsplans, die vom Gericht aber gar nicht aufgegriffen wurden: „Die Bodenbeschaffenheit dieser Freiflächen legt nahe, dass die Niederschlagsmengen nicht versickern können und in den Wohldorfer Wald fließen.“

Der Bebauungsplan sei jetzt zwar tot, er fürchte allerdings einen neuen Anlauf der Stadt. Der Verein sieht sich für einen weiteren Streit gewappnet: „Der Wohldorfer Wald ist das artenreichste Naturschutzgebiet Hamburgs und stellt zusammen mit dem Duvenstedter Brook und dem Rodenbeker Quellental ein einzigartiges Biotop-Netz dar“, meint Schütt.

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