meinungsstark
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Und wenn die Eltern tot sind?

„Wir sind megacool“, taz vom 13./14. 4. 19

Patricia Hecht und Ulrich Schulte setzen sich ausführlich mit der Lage von Menschen mit Downsyndrom auseinander – lauter positive Beispiele aus der Sicht der Betroffenen.

Es wird aber überall deutlich, dass diese Menschen nur deshalb so „cool“ sein können, weil sie von ihren Eltern intensiv gefördert und betreut werden. Dass betroffene Eltern möglicherweise nach einem Bluttest die Schwangerschaft beendet hätten, wird nirgendwo erwähnt. Die Verfasser gehen überhaupt nicht darauf ein, welche riesigen Sorgen und Probleme Eltern haben, die für eine angemessene und liebevolle Betreuung ihrer Kinder nach ihrem Tod sorgen wollen. Darin liegt für viele Eltern die große Verantwortung und Belastung.

Was soll also diese einseitige beschönigende Sichtweise? Anneliese Fleischmann-Stroh, Heilbronn

Wachstum + Klimaschutz = Märchen

„Die fetten Jahre sind vorbei“, taz vom 16. 4. 19

Die Überschrift versprach mehr als dann auf drei Seiten folgte. Zynischer geht’s kaum und dennoch schrecken die meisten Medien nicht davor zurück, diese fünf Worte über etliche Beiträge zu setzen, in denen es um den Einbruch des Wirtschaftswachstums geht. Wachstumsgläubige brechen in Tränen aus, Wohlstandsbürger zittern vor dem Abstieg, Klimaaktivisten feixen: Es kommt wie es kommen musste, die Grenzen des Wachstums sind keine Spinnerei, das sollte auch der letzte Spinner endlich begriffen haben. Nur – wer beklagt, dass das Wachstum schwächelt, sollte sich dann auch dazu bekennen, dass ihm das Klima sch…egal ist, denn Wachstum plus Klimaschutz ist ein Märchen. Dann wäre nur noch zu klären, wie der real existierende Kapitalismus auch ohne Wachstum zurechtkommt. Dieter Stompe, Erfurt

Ohne Auto – auf dem Land?

„Höchste Zeit für einen neuen Straßenkampf“, taz vom 16. 4. 19

Grundsätzlich hat Malte Kreutzfeld ja recht, aber ich möchte die Sache doch etwas differenzierter angegangen wissen. Dass Individualverkehr ein massives Problem vor allem in Großstädten darstellt, ist unbestritten. Und in Großstädten mit gut ausgebautem und günstigem ÖPNV kann und wird man auch gerne Maßnahmen zur Unterdrückung oder Verminderung des Individualverkehrs fordern, selbst wenn man zu Hause einen Pkw stehen hat (denn man darf ja erwarten, eine Sondergenehmigung für die Nutzung seines Pkws zu bekommen).

Aber in ländlichen Regionen sieht das anders aus. Die Kosten pro mit dem ÖPNV zurückgelegtem Kilometer sind da oft höher als bei Verwendung des eigenen Pkw, davon abgesehen verkehren Busse (und Bahnen? Was für Bahnen?) so selten, dass man gezwungen ist, den Pkw zu benutzen, wenn man nicht den halben Tag mit einem Einkauf verbringen will. Und das dann manchmal nur, um zu einer Apotheke oder zu einem Arzt zu gelangen, von denen es in Städten mit 50.000 Einwohnern Unmengen gibt, während auf dem Dorf der Nullstand erreicht ist. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen in die Städte wollen oder sich nur gut mobilisiert in der ländlichen Dorfidylle niederlassen. Wir als E-Mobilisten (ausschließlich), nahezu-Dorfbewohner und Ausschließlich-Strom-aus-regenerativen-Energiequellen-Nutzer fühlen uns von den Protesten nicht angesprochen, aber durchaus angeprangert und ausgegrenzt. Sicher nehmen auch E-Autos Platz weg, aber sie verpesten nicht die Umwelt.

Also, wenn dann der ÖPNV wieder vom Dorf in die Stadt alle 15 Minuten fährt (von morgens 6 Uhr bis abends 22 Uhr, danach noch alle halbe Stunde bis wenigstens Mitternacht), und wenn die Karte für 6 Kilometer Fahrt nicht 4,10 Euro, sondern 1 Euro kostet, und wenn dann Anschluss zu den großen Städten zügig und ohne lange Wartezeit da ist, kann man auch wieder darüber reden, auf ÖPNV umzusteigen. Das heißt, man muss dann nicht mehr darüber reden – die Menschen würden es einfach tun. Aber das ist wohl Utopie, denn in den letzten Jahren sind die Preise kontinuierlich gestiegen und die Fahrten verringert worden. Martin Senftleben, Königslutter