Wie Digitalisierung Reisen verändert: Scrollst Du noch oder lebst Du schon?

Teure Autos und Uhren pushen den Status schon lange nicht mehr. Heute muss man um die halbe Welt fliegen, um in der Gesellschaft anzukommen.

Eine Hand macht ein Foto von einer schönen Wüstenlandschaft

Die virtuelle Reisewelt sollte zu Zeiten von „Fridays for Future“ eiogentlich sowieso veraltet sein Foto: Jean-Philippe Delberghe/Unsplash

Auf Bali sitzt man 24/7 auf einer Holzschaukel im Meer und schlürft dabei sein Wasser direkt aus einer Kokosnuss. Die Malediven dagegen bestehen ausschließlich aus endlos langen Holzstegen, die einen 5-Sterne-Bungalow mit dem nächsten verbinden. Das zumindest könnte man denken, betrachtet man die Welt der Reiseblogger auf Instagram, der Bilder-App.

Denn das Reisen hat sich durch die Digitalisierung verändert. Wo früher noch die kulturelle Entdeckung des Landes im Vordergrund stand, sind es nun Instagram-taugliche Fotos.

Deshalb sind herkömmliche Reiseführer in diesem Sinne oft veraltet, denn sie bieten nicht, was der Amateur-Instagrammer sucht. Doch glücklicherweise gibt es verschiedene soziale Medien, die den Urlaubsreifen mit geschätzten Tipps überhäufen. Schnell eine Raute vor die Destination setzten und schon offenbaren modisch gekleidete Influencer in Form von inszenierten Fotos zwar nicht zwangsläufig die kulturellen Hochburgen der Region, aber priorisiert die besten Fotolocations. Denn in diesen neumodisch kultivierten Szenen gilt ein Ort immerhin schon dann als erkundet, wenn der nächste Instagram-Post abgelichtet und geteilt werden konnte, nur um dann das eigene Ego durch fremde Follower und ihre Likes gestreichelt zu bekommen.

Hashtags wie #travelgoals oder #travelinspiration locken unentschlossene Reisewillige, die beschönigte Aufnahmen von vermeintlich begehrenswerten Urlaubszielen zeigen. Doch sind das tatsächlich realitätsgetreue Abbilder dieser Orte? Einmal in den Tiefen von Instagram versackt und schnell sind Annahmen von fernen, unbekannten Ländern gefestigt.

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Zusätzlich wird einem beim Scrollen klar, dass sich der eigene Status schon lang nicht mehr nur noch durch teure Autos und Uhren pushen lässt. Nein, heutzutage muss man um die halbe Welt fliegen, um wirklich in der Gesellschaft anzukommen.

Abgesehen von der Wertestellung dieses exzessiven Jet-Set-Lebens, die virtuelle Reisewelt sollte zu Zeiten von „Fridays for Future“ sowieso veraltet sein. Es wird ein Lifestyle durch teils gut, mal sehr offensichtlich versteckte Werbekooperationen vermarktet, der zu Recht gegen alle klimaaktivistischen Bewegungen der heutigen Zeit spricht. Natürlich ist Reisen wichtig. Die Förderung des kulturellen Austauschs, neue Sprachkenntnisse und sogar der Entspannungsfaktor beim Strandurlaub sind super. Doch bei dem scheinbar erstrebenswerten Leben der Reiseblogger, welches überwiegend durch Werbekooperationen finanziert wird, kommen diese Faktoren zu kurz. Nach ausufernden Fotoshootings bleibt dafür schlicht keine Zeit.

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