Kahla – ein Ort der Vielfalt?

Queerfeministische Kultur als Motor für Demokratiestärkung im ländlichen Raum

Von Franziska Reich

In der queeren Community ist die thüringische Kleinstadt Kahla keine Unbekannte mehr. Die malerische Saalestadt am Fuße der Leuchtenburg erlangte durch eine stark vernetzte und in Teilen militant agierende neonazistische Szene traurige Bekanntheit. So brachen beispielsweise 2011 Neonazis in die Stadtkirche ein und beschmierten diese mit antisemitischen Parolen und Hakenkreuzen. 2013 fand in Kahla der „Thüringentag der Nationalen Jugend“ statt.

In älterer und jüngster Vergangenheit kam es immer wieder zu Bedrohungen und Angriffen auf Menschen, die nicht in das rassistische und menschenverachtende Weltbild der Täter*innen passen. Dazu besitzt die Szene mit der Immobilie „Burg 19“ einen überregional bekannten Treffpunkt. In Kahla entstanden so über Jahre hinweg Angsträume.

Aus diesem Grund wurde 2013 das Projekt „Demokratieladen“ konzipiert. „Der Demokratieladen gibt Impulse in die Zivilgesellschaft, sich gegen Menschenfeindlichkeit und für ein friedliches und demokratisches Miteinander zu engagieren“, so Michael Schaffhauser, Koordinator des Lokalen Aktionsplans im Saale-Holzland-Kreis.

Auch der Demokratieladen wurde bereits mehrfach Ziel von Anschlägen der rechtsextrem Szene. Erst im März dieses Jahres wurden die Schaufenster des Projekts großflächig beschmiert und auch im Rest der Stadt tauchten rassistische Parolen auf.

In den letzten beiden Jahren lag ein Schwerpunkt des Demokratieladens auf den Themen der LSBTTIQ*- Community. „Ein Highlight in unserem mehrjährigen Bestehen ist auf jeden Fall Kahla Courage – als eine Art Mini-CSD könnte es beschrieben werden“, so Projektleiterin Lisa Müller. Dieses Fest für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt ist das erste seiner Art im ländlichen Raum in Thüringen gewesen und konnte insbesondere mit überregionaler Unterstützung durch den bekannten und engagierten Berliner Autor und Blogger Johannes Kram stattfinden.

Im Vorfeld einer Lesung zu seinem Buch „Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber …“, welche wenige Monate zuvor in Kahla stattfand, schockierten ihn die offenen Einschüchterungsversuche seitens der Neonazis gegenüber vielfältigen Lebens- und Liebesweisen. „In Kahla arbeiten mutige Menschen mit einer beeindruckenden Energie daran, dass Diversität in ihrer Stadt möglich ist. Diese Menschen brauchen Unterstützung, damit das Klima der Angst überwunden werden kann“, so Kram.

Mit kulturellen Veranstaltungen wie diesen versuchen die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen, ein menschenfreundliches Gegengewicht zu schaffen. Themen und Veranstaltungen für ein respektvolles und gleichberechtigtes Miteinander fangen an, sich zu etablieren und das Stadtbild positiv zu beeinflussen.