Ist Arzt ein Mann oder eine Frau?

Junge Menschen wählen noch immer häufig sogenannte weibliche oder männliche Berufe

„Das ist doch kein Beruf für eine Frau!“ Diesem Satz höre ich häufig. Ich bin Fachinformatikerin, ein „Männerberuf“. Aber auch Männer, die in vermeintlichen Frauenberufen arbeiten, wie zum Beispiel Erzieher oder Krankenpfleger, bekommen Phrasen wie diese zu hören: „Die Jungs im Hort freuen sich sicher, dass sie nun einen Mann zum Fußballspielen haben.“

Dahinter verbirgt sich ein altes Rollenklischee: Frauen können keine Technik, Männer können Sport. 2017 gab es laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg, in mathematischen, informationstechnischen, naturwissenschaftlichen und technischen Berufen (sogenannte MINT-Berufe) einen Frauenanteil von 15,5 Prozent. Dem Frauenministerium zufolge sind in Kitas lediglich 5 Prozent der Beschäftigten männlich.

Leider hat sich in den vergangenen Jahren an den stereotypen Berufsbildern kaum etwas verändert. Die immer noch häufig bestehenden Rollenklischees werden bereits im Kleinkindalter vermittelt, meist unbewusst. Die Kinder nehmen allerdings wahr, ob die Erzieherin selbst ein Bild an die Wand nagelt oder ob dafür der Hausmeister kommt. Genauso umgekehrt: Schwingt der Erzieher selbst den Besen oder macht das die Kollegin? Lisa Freunek, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi, sagt: „Als Gewerkschaft unterstützen wir das Aufbrechen alter Rollenbilder, das wir als strukturelles Problem sehen, das zu Benachteiligung führt.“ Das Ziel, so Freunek, sollte eine gleichberechtigte Gesellschaft sein, in der alle gleichen Chance bekämen.

Dabei ist es einfach: Wenn man über die überholten stereotypen Rollenbilder hinaus denkt, kann man viel voneinander lernen und sich gegenseitig bereichern. Kreativität, Neugier und soziale Kompetenzen sind nicht nur in MINT- und in Care-Berufen von Vorteil, sondern in jedem Job. Männliche Erzieher in Kitas sind ebenso empathisch und fürsorglich, wie die Gesellschaft das bislang fast nur von Frauen gewohnt ist. Und sie sind mehr als nur willkommene Fußballspieler für die Jungs, denn auch die Mädchen freuen sich über männliche Verstärkung.

Paulina Herget, 24, Nürnberg, Fachinformatikerin