Diskussion um Kevin Kühnert: Sigmar Gabriel attackiert Juso-Chef

Der Ex-SPD-Vorsitzende vergleicht Kevin Kühnerts Vorgehen mit der „Methode Donald Trump“. Der kontert gelassen.

Porträt Kevin Kühnert

Maximale Aufmerksamkeit, Baby! Foto: reuters

BERLIN taz | Sigmar Gabriel ist nicht gerade für Bescheidenheit und ein mickriges Selbstbewusstsein bekannt. Als er noch SPD-Chef war, verwirrte der Mann mit dem Riesen-Ego seine Partei durch schnelle Richtungswechsel und kanzelte regelmäßig GenossInnen ab. Seit seinem Ausscheiden aus dem Kabinett im Jahr 2018 meldet sich Gabriel regelmäßig mit meinungsstarken Debattentexten zu Wort – zum Zustand der SPD und der Welt.

Ausgerechnet Gabriel wirft Juso-Chef Kevin Kühnert nun Geltungssucht vor. „Nur der mediale Effekt und das eigene Ego sind wichtig“, kommentierte Gabriel dessen Gedankenspiele über eine Kollektivierung von Unternehmen im Handelsblatt. Gabriel verglich Kühnerts Vorgehen mit der Methode von Donald Trump. „Bewusste Tabubrüche, das Ignorieren von Fakten und Empirie, das Mobilisieren populistischer Sehnsüchte und die Inkaufnahme der Beschädigung der eigenen Partei: Das ist übrigens die Methode Donald Trump.“

Kühnert sei nicht mal ein Bonsai-Trump, das sei eine „böse Überzeichnung“, so Gabriel weiter. „Aber die Methoden, deren sich beide bedienen, sind doch frappierend ähnlich.“ Wer als Sozialdemokrat die Enteignung großer Industrien fordere, dem sei die Aufmerksamkeit der Medien gewiss. Kühnert ignoriere, dass hundert Jahre Erfahrung mit staatlich gelenkten Volkswirtschaften gelehrt hätten, „dass sie wegen mangelnder Effizienz und Qualität bankrottgehen und zudem auch für die soziale Verelendung ihrer Beschäftigten sorgen“.

Kühnert hatte sich in einem Zeit-Interview Gedanken über Wirtschaftsformen jenseits des Kapitalismus gemacht. Darin hatte er seine Vorstellung von einem demokratischen Sozialismus beschrieben – und die Kollektivierung von Unternehmen wie BMW befürwortet. „Ohne Kollektivierung ist eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar“, sagte Kühnert in dem Interview.

Barley begrüßt Debatte

Die Kritik von Gabriel konterte er auf Twitter gelassen. „Diese von Sigmar Gabriel an mich gerichteten Zeilen entbehren, wenige Tage nach seinen eigenwilligen Äußerungen über die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, nicht einer gewissen Komik.“ Die Studie hatte nachgewiesen, dass es rechtspopulistische Einstellungen nicht nur bei AfD-WählerInnen gibt. Gabriel hatte den Autoren der Studie daraufhin Alarmismus vorgeworfen.

Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, begrüßte grundsätzlich die Debatte über Ungleichheit. „Das Grundgesetz sagt ziemlich klar, unter welchen Voraussetzungen solche Maßnahmen vorgenommen werden können“, sagte sie dem Bonner Generalanzeiger. Vielen Menschen „geht es doch total gegen den Strich, wenn nur Geld die Welt regiert. Dass zunehmend auch unsere gesellschaftliche Ordnung immer mehr den Gesetzen des Marktes unterworfen ist“. Es gehöre zu Kühnerts Job als Juso-Chef zuzuspitzen, sagte Barley weiter.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stellte sich inhaltlich gegen Kühnert. In der Sache sei er „ganz anderer Auffassung“, sagte er. Die Diskussion über eine solche Aussage eines Juso-Vorsitzenden finde er wirklich überraschend. „Ich glaube, alle seine Vorgänger werden sich irgendwann mal ähnlich geäußert haben.“

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wertete Kühnerts Thesen auf einem Parteitag der CDU Thüringens als Indiz für ein politisches Abdriften der SPD. Daran ändere auch deren Zurückweisung durch die SPD-Spitze nichts, sagte Kramp-Karrenbauer. Das Vorgehen der SPD erinnere sie an manche Hundehalter, die auch sagten, ihr Hund wolle ja nur spielen, wenn er zugebissen habe.

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