das portrait
: Die bedrohte Mopsfledermaus soll gerettet werden, für 5,4 Millionen Euro

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Einmal habe ich diese winzige Fledermaus, die nur 6 bis 13 Gramm wiegen soll, selbst gesehen. Da huschte etwas über eine Straßenlampe. Das war bei Siegen, ein Freund machte mich darauf aufmerksam: „Eine Mopsfledermaus“, sagte er, „sehr selten.“ Inzwischen ist sie in ganz Nordrhein-Westfalen „praktisch ausgestorben“, meinen die dortigen Naturschützer. In anderen Bundesländern sieht es nicht viel besser aus. Dabei war Deutschland einmal ihr Hauptverbreitungsgebiet. Im Osten und vor allem in Berlin machte ihnen die energetische Fassadenverdämmung der Plattenbauten den Garaus, da sie ihnen ihre Schlafplätze nahm.

Hinzu kam das flächendeckende Insektensterben und dann wie überall die effiziente Bewirtschaftung der deutschen Wälder, die kein Totholz duldet. Da will nun das Bundesumweltministerium mit 5,4 Millionen Euro gegensteuern und zumindest die bundeseigenen Wälder „naturnäher bewirtschaften“ sowie einige „Kerngebiete“ aus der forstwirschaftlichen Nutzung herausnehmen. Entscheidend für den effektiven Schutz der Mopsfledermaus sei „eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, durch die ihr genügend Quartiere und Insekten als Nahrung zur Verfügung stehen“, erklärte Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, gegenüber der Zeit. Dazu käme das Aufhängen von Fledermausquartieren an Bäumen und Häusern.

Hoffen wir das Beste, liebe Mopsfledermaus. Ihre Rettung wird nicht einfach sein, denn wir haben nicht nur eine sozialdemokratische Umweltministerin, die allerlei vom Aussterben bedrohten Arten mit Millionensummen wieder eine gewisse Lebenslust verschaffen will, sondern auch eine Agrarministerin, die auf keinen Fall das Ausbringen von Pestiziden und damit das Insektensterben reduzieren will. Die Mopsfledermaus lebt aber nun mal gerade von Insekten. Der globale Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie wird hierzulande also zwischen zwei gewichtigen Frauen ausgetragen. Die beiden Ministerinnen senden unterschiedliche Laute: die eine, um den Chemiekonzernen verständlich zu bleiben, und die andere, um sich Gehör bei den Naturfreunden zu verschaffen. Das haben sie witzigerweise mit der Mopsfledermaus gemeinsam, die als „stumme Art“ bezeichnet wird, was sie aber gar nicht ist, denn die Forschung hat ergeben, dass sie sogar zwei verschiedene – für uns allerdings unhörbare – Ortungslaute senden kann: aus dem Mund und aus der Nase. Das Signal aus der Nase dient ihr zum Insektenfang. Das Signal aus dem Mund zur allgemeinen Orientierung und zur Kommunikation. Ihre Wochenstube, die 15 bis 20 quasselnde Weibchen umfassen kann, befindet sich laut Wikipedia meist im Wald oder in der Nähe eines Waldes.

Der Harvard-Philosoph Ivan Nagel fragte sich 1979, „Wie es ist, eine Fledermaus zu sein?“. Er meinte, das werden wir nie wissen, da wir uns zu fremd sind. „Come on“, entgegneten ihm daraufhin die Verhaltensforscher, es sind Säugetiere, sie haben Hunger, Durst, Sex, unterhalten sich, freuen sich, leiden usw. „Also gib dir ein bisschen Mühe, Nagel!“ Helmut Höge