meinungsstark
:

Nicht auf Rosen gebettet

„Woher weißt du, dass es Liebe ist?“, taz vom 11. 5. 19

Auch in diesem Jahr haben sich zum Muttertag die Umsätze des Blumenhandels vervielfacht. Rote Rosen, Symbol der Liebe, sind der Bestseller. Wer die Pflanzen wo und unter welchen Bedingungen anbaut, ist wenig bekannt; viele vermuten eine holländische Herkunft. Doch wird ein Großteil der Pflanzen nur über Holland eingeflogen und anschließend nach Deutschland transportiert. 30 bis 50 Prozent der Blumen kommen aus Ostafrika. Vor allem Frauen arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen auf den Flowerfarmen Kenias. Die meisten erhalten nur Mindestlohn, circa 60 Euro monatlich. So manch eine arbeitet zusätzlich in der Prostitution, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Zeitverträge und sexualisierte Gewalt sind Teil der ausbeuterischen Verhältnisse. Die Arbeiterinnen werden nicht vor den hochgiftigen Pestiziden geschützt, Schwangere erleiden Fehlgeburten, Krebserkrankungen häufen sich. No bed of roses.

Europäische Frauen erfreuen sich derweil an den Rosen, die sie von ihren Liebsten bekommen.

Wir als kenianisch-deutsche Gruppe prangern die Ausbeutung der kenianischen Frauen durch internationale Unternehmen an. Eine Aktivistin, die selbst in einer Flowerfarm gearbeitet hat, bringt es auf den Punkt: „Kenianerinnen bekommen keine Rosen geschenkt, erst wenn wir tot sind, legt man uns Blumen auf das Grab.“

Die Flowerfarmen schaden nicht nur der Belegschaft. Die gesamte Region leidet unter Trockenheit, das knappe Wasser wird in die Farmen gepumpt, für die Aufzucht von Exportblumen verschwendet. Die Chemikalien vergiften das Grundwasser, das globale Klima wird aufgeheizt. Fairtrade-Farmen halten nicht, was sie versprechen. Label werden gefälscht, Kontrollen nur sehr unzureichend durchgeführt. Fairtrade-Zertifizierungen verschleiern menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, global agierende Unternehmen häufen Gewinne an – auf Kosten der Kenianerinnen und Kenianer.

Unsere Gruppe wurde von Kenianerinnen initiiert. Wir setzen auf Aufklärung und Sensibilisierung der Kon­su­ment*innen. Ziel ist auch, Arbeiterinnen der kenianischen Flowerfarmen direkt zu unterstützen. Diese Initiative ist ein erster Schritt, sich mit den Aktivistinnen zu solidarisieren und gemeinsam für eine gerechte globale Ökonomie zu kämpfen.

toxic roses – flowerjustice, Berlin

Demütigung ist okay?

„Anti-Folter-Komitee kritisiert Misshandlung bei ­Abschiebung“, taz vom 10. 5. 19

So wichtig und unerlässlich das Anti-Folter-Komitee sein mag, es hat mich ein stilles Grausen überkommen, als ich diesen Artikel gelesen habe. Sechs Beamte, die mit Klettverschlüssen einen Gefangenen bändigen und knebeln, sind in Ordnung und nicht zu beanstanden, aber die Quetschung der Genitalien – das geht also wirklich gar nicht. Nein! Das geht natürlich überhaupt nicht, aber wer definiert hier Schmerz? Demütigung ist okay, aber Luft abschnüren nicht? Sechs Menschen an mir dran sind okay, aber die Quetschung der Genitalien nicht?

Abschiebeverfahren sind keine Kriegssituation, in der sich sämtliche Grenzen moralischen Handelns verschieben. Wie sollen Polizisten darauf vorbereitet werden, dass Menschen in solchen Extremsituationen nicht misshandelt werden, wenn sie mit übelsten Methoden aus der ­Psychiatrie Menschen ruhigstellen dürfen und ihnen das als korrekt vermittelt wird? Vielleicht sollten wir ja umgekehrt unsere Schmerzgrenzen erweitern mit Blick auf die Daseinsberechtigung von Abschiebung bedrohter Flüchtlinge. Hildegard Meier, Köln

Lieber Lilith als Maria

„Maria 2.0 kommt aus Münster“, taz vom 13. 5. 19

Weia, weia, diese Maria ein Symbol für Frauenrechte? Durch und durch patriarchalisiert tritt sie auch noch die Weisheit, das uralte Schlangensymbol, mit Füßen. Was soll dabei schon herauskommen? Eine Woche Streik und dann wieder brav ins Ehrenamt? Die lachen sich ins Fäustchen, die HERREN. Lilith 2.0 wäre eine Option gewesen. Maria Triesethau, Brensbach