Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wie junge Neurechte regional ankommen

Foto: Jungsfoto: dpa

Es ist ein großes gelbes Transparent gewesen, das da beim Marathon in Hamburg an einer Brücke am Dammtor hing. „Ihr sprecht von Europa, doch vergesst seine Völker“ stand darauf, dazu das Logo der „Jugend ohne Mitgrationshintergrund“. In den Medien fand diese Aktionen der Identitären Bewegung (IB) um Daniel Fiß und Martin Sellner keinen großen Wiederhall. Via Twitter und anderen sozialen Medien verbreiteten die AktivistInnen ihren Auftritt.

Seit 2016 ist die IB in der bundesweiten Öffentlichkeit bekannt. Schon 2012 traten erste Gruppen bei Facebook in Erscheinung, doch vor knapp drei Jahren dann besetzten Identitäre kurz das Brandenburger Tor in Berlin. Die Bilder der Aktion gingen durch die Medien.

Der PR-Erfolg war gelungen – ein Bild für die „Gesellschaft des Spektakels“ hätten sie produziert, schrieb der IB-Aktivist Sellner. Solches Eigenlob ist auch ein Grund, warum Medien heute zurückhaltender über spontane Provokationen berichten – ob sich diese nun gegen die vermeintlichen „Umvolkung“ richten oder gegen eine angebliche „Islamisierung“.

Doch keine Schlagzeile zu produzieren, bedeutet längst nicht mehr, dass Aktionen auch keine Resonanz hätten. Im Norden sind die Argumente der IB längst auch im kleinstädtischen und ländlichen Milieu angekommen. So richtete die IB nicht mehr nur in Hannover regelmäßig Stammtische aus, sondern verklebte in der vergangenen Woche auch im nahe gelegenen Sarstedt nachts Werbung für eine ihrer Veranstaltungen. Die Rechten wurden beobachtet, die Polizei schritt ein.

Ebenfalls in der vergangenen Woche erklärte ein Schulleiter in Achim nahe Bremen bei einer Veranstaltung, dass sie an seiner Schule sehr wohl Auseinandersetzungen mit IB-nahen Schülern hätten – mit „klugen“ Jungs, die offenbar durch die Seminare des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS) um Götz Kubitschek ideologisch geschult seien, sagte er. Eine leichte Auseinandersetzung sei das nicht, so der Schulleiter.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Und auch in Schleswig-Holstein hatten sich bei einer internen Veranstaltung an einem Gymnasium jüngst mehrere Schüler verabredet: Sie saßen zusammen im Block und vertraten Ideen der Neuen Rechen und IB-Positionen.

Es ist kein Zufall, dass die IB mit ihren Ideen fruchtet. Regelmäßig richten örtliche Strukturen „Aktivistentreffen in Norddeutschland“ aus. Ende März fand das fünfte Regionaltreffen statt, bei dem auch Kampfsport trainiert wurde. Gleichwohl will die IB keine Massenbewegung sein, sondern mit ihren Aktionen Masse im vorpolitischen Raum bewegen. Bundesweit vereint die IB etwa 500 Aktivisten – und nicht jeder Interessierte darf in den eingetragenen Verein eintreten