Gastkommentar Kükenschreddern: Eier wegwerfen ist nicht besser

Statt Scheinlösungen braucht es eine andere, nachhaltigere Haltung mit Zwei-Nutzungs-Hühnern, kritisiert Silvia Bender vom BUND.

Küken auf Stroh in einem Stall

Wer Glück hat, ist ein weibliches Küken Foto: dpa

Einige Hühnerrassen setzen besonders gut Fleisch an, während andere sehr viele Eier legen: über 300 Eier pro Jahr. Diese Spezialisierung im Hühnerstall ist das Ergebnis einer rein auf Höchstleistung ausgerichteten Tierzucht. Wenn ein Masthuhn nach gut 35 Tagen geschlachtet wird, wiegt es etwa 2.100 Gramm. Ein Legehuhn bringt in derselben Zeit nur 500 Gramm auf die Waage. Ein solches Tier zu mästen, würde sich nicht lohnen. Deshalb ist es leider übliche Praxis, die männlichen Küken der Legehennen-Linien nach dem Schlupf zu identifizieren und zu töten. Allein in Deutschland sind es jährlich bis zu 45 Millionen Tiere. EU-weit sind es über 300 Millionen Küken. Völlig zu Recht steht diese Praxis des „Küken-Tötens“ in der Kritik und derzeit vor Gericht.

Doch auch die diskutierte Alternative – das Aussortieren vor dem Schlüpfen – ist keine nachhaltige Lösung. Sollte die Diagnose ergeben, dass aus dem Ei ein männliches Küken schlüpft, dann würde das Ei nicht ausgebrütet. Es wird entsorgt. Der „Vorteil“ wäre folglich nur, dass nicht 45 Millionen männlicher Küken getötet, sondern 45 Millionen Eier im Müll landen würden.

Durch diesen technischen Ansatz wird die wichtige Systemfrage „Welche Art der Hühnerhaltung wollen wir?“ umgangen. Weiterhin würde eine auf Höchstleistung getrimmte Tierzucht überzüchtete Legehennen hervorbringen, die am Ende ihrer viel zu kurzen Lebenszeit von nur einem Jahr völlig ausgemergelt sind und ebenfalls geschlachtet werden.

Statt Scheinlösungen voranzubringen, brauchen wir dringend ein ganzheitliches Umdenken in der Tierzucht und Agrarpolitik. Eine echte Lösung wäre dagegen etwas ganz anderes: Zwei-Nutzungs-Hühner. Damit sind Rassen gemeint, bei denen weibliche Küken als Legehennen und männliche Küken als Masthähnchen gehalten werden können. Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern auch besser für die Tiere: Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Zwei-Nutzungs-Hühner entspannter zu halten sind. Sie sind seltener krank und benötigen weniger Medikamente.

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ist Leiterin der Abteilung Biodiversität beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

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