Sebastian Kurz hat vier Neue

Österreichs Übergangsregierung droht am Montag Misstrauensvotum

Aus Wien Ralf Leonhard

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) führt jetzt eine Minderheitsregierung an. Mittwoch um 13 Uhr wurden die vier Persönlichkeiten, die die vakanten Ministerposten übernehmen, von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg vereidigt.

Es handelt sich um drei ältere Herren und eine jüngere Frau, von denen zumindest einer SPÖ-Stallgeruch hat. Nämlich der 67-jährige Walter Pöltner, der das Sozialministerium übernehmen wird. Er hat eine Karriere in der Arbeiterkammer hinter sich und war hoher Beamter im damals SPÖ-geführten Ministerium. Der Vorarlberger Eckart Ratz, 66, ehemaliger Präsident des Obersten Gerichtshofes, der Innenminister werden soll, gilt zwar als Bürgerlicher, aber auch als unabhängiger Denker und Spezialist für Korruptionsbekämpfung. Die neue Ministerin für Infrastruktur Valerie Hackl, 36, machte bei der Bundesbahn Karriere und wurde letztes Jahr als Chefin in die Flugsicherung Austro Control berufen. Generalleutnant Johann Luif soll Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek ersetzen. Er gilt als ÖVP-nah, aber auch SPÖ-kompatibel. Den Posten des Vizekanzlers übernimmt ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger. Gleich in der zweiten Reihe sitzen in allen Ministerien ÖVP-Leute.

Der neu zusammengesetzten Regierung droht allerdings schon am kommenden Montag das Aus, wenn der Nationalrat zu einer Sondersitzung zusammentritt. Denn die Liste Jetzt will einen Misstrauensantrag gegen Kurz und sein gesamtes Kabinett einbringen. SPÖ und FPÖ überlegen, diesen zu unterstützen. In der SPÖ ist man verstimmt, weil Kurz nach ihrer Ansicht die „Konsensdemokratie und Gespräche mit allen über alle Parteigrenzen hinweg“ (Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures) verlassen habe. Statt die Auswahl der neuen Minister mit der SPÖ abzustimmen, hat Kurz sie einfach nur informiert. Auch in der FPÖ, die sich zu Unrecht aus der Regierung geworfen sieht, dürften die Zeichen auf Rachefeldzug stehen. Anders als die deutsche kennt die österreichische Verfassung kein konstruktives Misstrauensvotum. Wenn der Kanzler zurücktreten muss, dann liegt es am Bundespräsidenten, eine neue Regierung zu suchen. Österreich stehen spannende Zeiten bevor.