das ding, das kommt
: Verfall mit Ultraschall

Mit Lautsprechern, aus denen Ultraschall erklingt, kämpft die Elbphilharmonie gegen Taubenkot. Im Rahmen der „Hallo Festspiele“ wird jetzt zurückgegurrt Foto: Richard Williams/Wikimedia Commons

Die Hamburger Elbphilharmonie hat bekanntlich ein Problem: Alle wollen sie sehen, aber wenn es ums Hören geht, verzeichnet das Konzerthaus regelmäßig „störende Publikumsabwanderungen infolge der schlechten Akustik“ (Welt). Außen wiederum ist die Publikumsabwanderung, oder besser: der Publikumsabflug ausdrücklich erwünscht.

In der Decke über der Plaza sind nämlich in regelmäßigen Abständen kleine Lautsprecher eingelassen, 20 Stück insgesamt. Eine sogenannte Vergrämungsanlage, die durch laute, sehr hohe Töne – für Menschen nicht wahrnehmbar – die Tauben vertreiben soll, damit sie die schnieke Fassade nicht vollkoten. Das ätzende Zeug ist ja einer der wirkungsvollsten Bausubstanzkiller. Eine akustische Waffe also, gegen den Verfall des Wahrzeichens gerichtet. Oder, wie die Elbphilharmonie auf ihrer Internetseite formuliert: Den Tauben wird „die Idee auf (sic!) Sesshaftigkeit mithilfe eines hochfrequent schwingenden Dauertons konsequent ausgetrieben“.

Der Verfall aber, der Kot gewordene Zahn der Zeit sozusagen, davon ist der Hamburger Künstler und Komponist Daniel Dominguez Teruel überzeugt, lässt sich auch mit einer solchen schrillen Ideen-Austreibung nicht aufhalten: Ein klassischer Fall von Hochmut, der ja bekanntlich vor dem Fall kommt. Die tief im gesunden Menschenverstand verwurzelte These des Künstlers: „Weder Klinker noch Glas noch Beton werden lang überdauern, die grauen Stadtbewohner der Lüfte aber schon.“

Bis zum kommenden Mittwoch hält Daniel Dominguez Teruel – genauer: sein „Taubenschlag“ – nun mit seinem „Requiem for Architecture“ eine Totenmesse fürs verfallende Konzerthaus ab, gurrend natürlich. Rund um die Uhr ist dabei vor der Elbphilharmonie eine „Long Durational Performance“ zu hören, am Mittwochabend gibt’s ein Konzert im Saal.

Das Ganze findet im Rahmen der „Hallo Festpiele“ statt, die bis zum 1. Juni erstmals nicht nur im ehemaligen Kraftwerk Bille, sondern eben auch vor und in der Elbphilharmonie die künstlerische „Auseinandersetzung mit rohen Räumen“ feiern, mit Videos, Tanz, Performances, Lectures, Lesungen und bildender Kunst.

Besser klingen wird die Elbphilharmonie am Ende natürlich nicht, aber immerhin bietet ihr die Kooperation mit den „Hallo Festspielen“, das wünscht sich deren Pressesprecher sehr, die Chance, „auf diese Art ihren Ruf als Taubenfeindin ein für alle Mal loszuwerden“. Robert Matthies

Hallo Festspiele: bis 1. 6.,Hamburg, Kraftwerk Bille und Elbphilharmonie, www.hallo-festspiele.de

Long Durational Performance „Requiem for Architecture“: bis 29. 5., Elbphilharmonie; Konzert: Mi, 29. 5., 19 Uhr, Elbphilharmonie