Heike Holdinghausen über den Export Seltener Erden
: Drohgebärde mit Wirkung

Die Drohung der chinesischen Regierung, den Export Seltener Erden an die USA zu begrenzen, bietet für das hiesige Publikum in zweierlei Hinsicht wenig Grund zur Aufregung: Erstens wäre die europäische Industrie direkt nicht betroffen. Mehr als kurzfristige Teuerungen auf dem sowieso von starken Schwankungen geprägten Markt für Seltene Erden wären nicht zu erwarten. Zweitens führen auch die USA Seltene Erden inzwischen weniger als Rohstoff ein, dafür viel mehr in verarbeiteter Form, etwa als Magneten oder Smartphones.

Natürlich wirkt die Drohgebärde trotzdem: Zu fremd ist sowohl Europa wie den USA die Idee, ein Land könne ihnen die Lieferung von Rohstoffen verweigern. Schließlich beruht ihr Wohlstand seit Jahrhunderten darauf, auf Erze, Öl etc. aus aller Welt zuzugreifen. China rüttelt hier an einer der Grundfesten des westlichen Selbstverständnisses. Das erzeugt Angst. Das wäre gar nicht schlecht, wenn die Angst zu einem Umdenken in Industrie und Verbänden führte. Bislang setzen sie in puncto Rohstoffbeschaffung noch immer auf einen durch globale Handelsgesetze gestalteten Markt, der vor allem für die reichen Länder vorteilhaft ist. Die Bestrebungen von Schwellenländern oder gar den Ländern des globalen Südens, mit ihren Rohstoffvorkommen ihre eigene industrielle Entwicklung zu fördern, nehmen sie nicht ernst.

Beispiel Elektromobilität: Eine Autoindustrie, die die gesamte Wertschöpfung von der Batteriezelle über den Motor bis zum Auto in Europa hält, ist nach derzeitigem Stand der Technik auf Lithium aus Lateinamerika, Kobalt aus Afrika und Seltene Erden aus China angewiesen. Zumindest die Regierungen Boliviens und Chinas planen mit dem Rohstoffreichtum ihrer Länder eine eigene Batterie- oder Autoproduktion. Man muss kein Freund der chinesischen Expansionsstrategie sein, um in diesem Interesse eine Berechtigung zu erkennen. Und man muss kein Entwicklungspolitiker sein, um umsteuern zu wollen. Es liegt im Interesse der heimischen Industrie, neu über ihre stofflichen Grundlagen nachzudenken. Der Markt hat es bislang nicht gerichtet.

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