CDU-Rechte will längere AKW-Laufzeiten: Zweifelhafte Pläne

Nach einzelnen Wirtschaftsvertretern fordert jetzt die CDU-„Werteunion“ längere AKW-Laufzeiten, um das Klima zu schützen. Das stößt auf breite Kritik.

Jugendliche schwimmen im Wasser, tragen Rettungswesten und Schilder mit dem Schriftzug "Wir wollen Euren Mist nicht ausbaden"

Einige AtomkraftgegnerInnen fürchten, dass der Atomausstieg wieder revidiert werden könnte Foto: dpa

BERLIN taz | Eine so breite Mehrheit im Parlament ist selten: Mit den Stimmen von Union, SPD, Grünen und FDP hatte der Bundestag im Jahr 2012 beschlossen, dass das Zeitalter der Atomkraft in Deutschland im Jahr 2022 vorbei ist. Allgemein gilt der jahrzehntelange Kampf um die Reaktoren damit als beendet. Nur einige AtomkraftgegnerInnen trauten dem Frieden lieber nicht, sondern fürchteten, dass die Entscheidung wieder revidiert werden könnte. Sie dürfen sich nun in ihrer Sorge bestätigt sehen.

Denn unter dem Vorwand, den Klimawandel zu bekämpfen, wagen sich derzeit einzelne Akteure mit der Forderung an die Öffentlichkeit, den Ausstieg zu verschieben. Zunächst waren es Wirtschaftsvertreter wie Linde-Chef Wolfgang Reitzle oder VW-Vorstandschef Herbert Diess. „Wenn uns der Klimaschutz wichtig ist, sollten die Kernkraftwerke länger laufen“, hatte Diess kürzlich im Tagesspiegel gesagt. AKWs stoßen im Betrieb kein CO2 aus, und auch unter Berücksichtigung von Brennelement-Herstellung und Entsorgung sind sie klimafreundlicher als fossile Kraftwerke.

Ähnlich argumentiert nun die Werteunion, eine Gruppe konservativer CDU-Mitglieder. Ihr Vorsitzender Alexander Mitch plädierte am Dienstag dafür, „die Laufzeit der sichersten AKW der Welt zu verlängern“. Dann könne der Kohleausstieg vorgezogen werden, was positive Effekte für den Klimaschutz habe. So lasse sich die „jüngere Generation“ wieder an die CDU binden, glaubt Mitsch: „Um hier verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, ist es wichtig, wieder die Meinungsführerschaft zu übernehmen und nicht weiter den grünen Ökopopulisten hinterherzulaufen“, schreibt er.

Mit Atomkraft die Jugend begeistern? Dass dieser Plan aufgeht, scheint zweifelhaft. „Junge Leute gewinnt man durch eine ambitionierte Klimapolitik zurück, nicht durch das Aufleben einer Debatte, die längst begraben wurde“, sagt Luisa Neubauer, Mitorganisatorin der „Fridays for Future“-Proteste der SchülerInnen, der taz. „Ich empfehle der Werteunion, der Wissenschaft zuzuhören. Die sagt, dass wir keine Atomkraft brauchen, um die Klimaziele zu erreichen.“

„Überflüssig wie ein Kropf“

Auch in der Politik stößt die Forderung auf breite Ablehnung. „Überflüssig wie ein Kropf“ sei eine Diskussion über den Atomausstieg, meint Jochen Flasbarth, Staatssekretär im SPD-geführten Bundesumweltministerium. „Aus der Zeit gefallene Ratschläge von Managern, die von dieser Debatte offenbar nichts mitbekommen haben, braucht niemand“, kommentierte er auf Twitter die Aussagen von Diess. Und für die Grünen erklärte Sylvia Kotting-Uhl: „Wer es bei CDU und CSU ernst meint mit dem Klimaschutz, sollte die Blockierer in den eigenen Reihen ins Gebet nehmen, anstatt nach gefährlicher Atomkraft zu rufen.“

Ein Sprecher der CDU erklärte auf Anfrage: „An der Position der CDU zum Atomausstieg hat sich nichts geändert.“ Allerdings gibt es auch außerhalb der Werteunion, die klein und nicht als offizieller Parteiverband anerkannt ist, Stimmen, die Zweifel am Atomkurs anklingen lassen. So sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble kürzlich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zum Thema Atomausstieg, Deutschland solle „ein bisschen vorsichtig sein, wenn wir meinen, wir müssten es anders machen als alle anderen“.

Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt gibt sich darum kampfbereit. „Manchen in der Union scheinen die aktuellen Klimaproteste noch nicht zu reichen. Sie wollen auch noch einen Atom-Konflikt draufpacken“, erklärt er. Und kündigt an: „Wir werden diese Auseinandersetzung nicht scheuen.“

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