Hauptversammlung der Deutschen Bank: Horrortag mit Überlänge

Auf ihrer Hauptversammlung kritisieren Aktionäre den Vorstand und den Aufsichtsrat der Deutschen Bank heftig. Die Aktie stürzt ab.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Christian Sewing

Deutliche Kritik gegen das Management um Vorstandschef Christian Sewing Foto: dpa

FRANKFURT taz | Von der öffentlichen Kritik und von der Talfahrt des Aktienkurses weitgehend unbeeindruckt präsentierten sich am Donnerstag in der Frankfurter Festhalle die Verantwortlichen der Deutschen Bank. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner auf der Jahreshauptversammlung.

Vorstandschef Christian Se­wing verwies auf erste Gewinne, nach drei Jahren mit Verlusten: „Die Bank ist wieder aufgeräumt. Und sie ist wieder profitabel“, sagte Sewing. Zeitgleich zur Hauptversammlung sank der Aktienkurs der Bank um bis zu 4 Prozent auf ein Rekordtief von 6,35 Euro. Inzwischen ist die gesamte Deutsche Bank an der Börse weniger als 14 Milliarden Euro wert. Der Bankchef erkannte darin einen „scheinbaren Widerspruch“. Er machte dafür den „Gegenwind“ verantwortlich, dem die Bank im vergangen Jahr ausgesetzt gewesen sei.

In diesem Zusammenhang nannte er das Scheitern beim US-Stresstest, schlechte Ratings und vor allem die „öffentlich wirksame Durchsuchung“ der Bankzentrale durch die Frankfurter Staatsanwaltschaft im November vergangenen Jahres. Kritisch stellte Sewing dazu fest, es gebe noch immer „keine Belege für die Vorwürfe, die gegen uns und unsere Mitarbeiter erhoben wurden“. Zu den neuen Vorwürfen, nach denen die Deutsche Bank Mitgliedern der Familie von US-Präsident Donald Trump bei der Geldwäsche geholfen haben soll, bezogen weder Achleitner noch Se­wing Stellung.

Nach den gescheiterten Fusionsgesprächen von Deutscher Bank und Commerzbank gingen die AktionärsvertreterInnen mit ihrem Management deutlich kritischer um, als die RednerInnen auf der Hauptversammlung der Commerzbank in Wiesbaden am Vortag. Als Wortführer der KritikerInnen ging der Sprecher der Brauerei Riebeck, Rechtsanwalt Karl-Walter Freitag, Aufsichtsratschef Achleitner frontal an; er forderte dessen Rücktritt oder seine Entlastung.

„Skandale im Wochentakt“

Zu dessen „Bilanz“ sagte Freitag: „Das hören wir seit sieben Jahren und das ist seit sieben Jahren falsch; die Börse glaubt Ihnen kein Wort.“ Die Deutsche Bank nannte er einen Sanierungsfall. Den ausgewiesenen Gewinn bezeichnete Freitag als „läppischen Überschuss“. Wie andere KritikerInnen beklagte er „Skandale im Wochentakt“ und kündigte an, Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.

Der Sprecher der DEKA-Fonds­gesellschaft, Andreas Thomae, nannte das vergangene Jahr „einen Horrorfilm mit Überlänge“. Auch er werde dem Aufsichtsrat unter Achleitner die Entlastung verweigern. Vorstandchef Se­wing dagegen verdiene mehr Zeit, um den Umbau der Bank zu vollenden, sagte Thomae. Wie viele andere Rednerinnen beklagte er ob der wirtschaftlichen Lage der Bank Sonderzahlungen, Boni und Abfindungen für Vorstände und Ex-Manager des Unternehmens. Klaus Lieding, Vizepräsident der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz, kritisierte Vorstand und Aufsichtsrat zwar, warnte aber davor, sie nicht zu entlasten. Auf die Herkunft des Österreichers Achleitner anspielend sagte Lieding: „Wir können uns keine Schwäche erlauben, eine Führungslosigkeit, Pardon Herr Vorsitzender, österreichischer Art schon mal gar nicht.“

Zuletzt hatten wichtige Aktionärsberater wie Glass Lewis und ISS ihren Kunden zwar empfohlen, die Geschäftsführung nicht zu entlasten, was einem Misstrauensvotum gleichkäme. Allerdings haben die ManagerInnen der Bank die größten Anteilseigner wohl hinter sich.

„Club der Gestrigen“

In einem leidenschaftlichen Appell warb Luisa Neubauer, Aktivistin von Fridays for Future, für ein radikales Umsteuern der Geschäftspolitik der Deutschen Bank. Sie sei angesichts des Klimawandels „schockiert von der Ignoranz“ der Aktionärsversammlung, die sie einen „Club der Gestrigen“ nannte. Die Bank investiere nach wie vor Milliarden in die Förderung von fossilen Energien und sei so „Mittäter bei der größten Katastrophe der Menschheit“, sagte Neubauer.

Vor dem Eingang zur Frankfurter Festhalle demonstrierten am Morgen zudem GlobalisierungskritikerInnen von Attac und der auf Finanzthemen spezialisierten NGO Urgewald gegen die Deutsche Bank. Das Institut finanziere Waffen für den Jemenkrieg, heißt es in einem Flugblatt von Urgewald; mit ihrem Geld heize sie zudem den Klimawandel an. Drei Aktivistinnen von Attac hatten weiße Overalls übergezogen, mit brauen Schmutzflecken auf der Brust. Von wegen weißer Weste.

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