Wahl in Bremen: CDU erstmals stärkste Fraktion

Die Partei bejubelt ihren Sieg. Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder hofft auf Gesprächsbereitschaft von Grünen und FDP für eine Jamaika-Koalition.

Ein Mann und eine Frau stehen in einer Menschenmenge

Carsten und Anja Meyer-Heder freuen sich Foto: reuters

BREMEN taz | Zu „Alles neu“ von Peter Fox ließ sich Carsten Meyer-Heder bei seinem Einmarsch auf die CDU-Wahlparty feiern. Und als dann die ersten Hochrechnungen hereinkamen, schallte der ganze Raum nur noch von „Carsten, Carsten“-Jubel wider.

Und ja, tatsächlich hat die CDU Grund zu feiern. Man ist stärkste Fraktion im Bremer Landtag, mit 26,5 Prozent. Mann, Mann, Mann! Das hat die CDU im Stadtstaat bisher noch nie geschafft. Und auch im Vergleich zur letzten Wahl 2015 ist das Ergebnis beachtlich: Immerhin vier Prozentpunkte mehr holen die Konservativen. Außerdem gibt’s Currywurst.

Und doch: Ob dieser Sieg einen Platz im Bürgermeisterbüro bedeutet oder doch nur die Fortsetzung der ewigen Rolle als Oppositionsführer im Zwei-Städte-Parlament, das steht ganz und gar nicht fest, nix Genaues weiß man nicht. Eine realistische Machtoption ergibt sich für die CDU nur über die Koalition mit FDP und Grünen. Und die bleibt, je nachdem welcher Hochrechnung man nun glaubt, knapp.

Gleich zwei Stolperfallen gibt es: Da ist die FDP, die vermutlich, wahrscheinlich, ja, bestimmt – aber eben nicht ganz sicher über die 5-Prozent-Hürde schrammt und in die Bürgerschaft einzieht. Und dann, vermutlich entscheidender, sind da die Grünen, die eben auch noch eine andere attraktive Alternative haben. Denn die größeren inhaltlichen Übereinstimmungen, das sagen die Wahlprogramm aus, bestehen nun einmal mit SPD und Linken.

In Bremen waren rund 482.000 Menschen zu Landtags- und Kommunalwahlen aufgerufen. Bremens Landtag, die Bürgerschaft, hat 83 Sitze, davon sind 15 für Bremerhaven reserviert.

Zwei Wahlbereiche mit eigener Fünfprozenthürde hat die Landtagswahl: Wer sie in einer Stadt meistert, kommt ins Parlament. So erobert das rechtspopulistische Bündnis Bürger in Wut seit 2007 je ein Mandat in Bremerhaven. Umgekehrt bekam die AfD in Bremen 2015 über fünf Prozent, scheiterte in Bremerhaven jedoch mit 4,9899 Prozent und blieb ohne Fraktion.

Sozialdemokraten waren bei freien Wahlen in Bremen nur 1921 nicht stärkste Kraft: Damals lag die nationalliberale DVP mit 25,2 Prozent vor den Mehrheitssozialdemokraten MSPD (22,2) und linker USPD (19,6). Den Bürgermeister stellt seit 1946 die SPD. Vom Rang Ministerpräsident, hat er keine Richtlinienkompetenz: Bremens Senat ist ein Kollegialorgan, seine Mitglieder werden einzeln vom Parlament gewählt. (taz)

Selbstredend könnte dieses Bündnis auch sondieren und koalieren, ohne vorher bei der stärksten Partei, also der CDU, um Erlaubnis zu fragen. Bei der Wahlparty der Grünen gab es denn auch denn auch Buh-Rufe für die Jamaika-Option und Jubel für die eigene 18,5 Prozent-Prognose und Rot-Rot-Grün.

Bleibt für Meyer-Heder zu hoffen, dass die persönliche Stimmungslage der SpitzenkandidatInnen mehr zählt als die der Parteibasis. Bei den letzten Wahlkampfveranstaltungen deutete die nämlich immer weniger auf Harmonie zwischen den aktuellen Koalitionspartnern SPD und Grünen. Dann könnten die Grünen womöglich mit ein paar Fahrradbrücken und -wegen für eine Jamaika-Regierung eingefangen werden. Die schwache FDP müsste dafür wohl bei ein paar ihrer Privatisierungsforderungen klein beigeben.

Carsten Meyer-Heder kann also vorerst nur rechnen, dann reden und mit ein bisschen Glück sondieren. Dabei war „machen, einfach machen!“ doch viel eher die Aussage, mit der sich der Politik-Queinsteiger in den vergangenen Monaten gerne präsentiert hatte.

Der Unternehmensgründer, der für die Ernennung zum Spitzenkandidaten erst einmal in die CDU eintreten musste, war in der Partei als eine Art Heilsbringer gefeiert worden – und ließ eine Zeit lang auch Wahlergebnisse von über 30 Prozent denkbar erscheinen.

Der Wahlkampf der CDU war denn auch komplett auf ihn zugeschnitten. Die meisten Plakate nahmen nur Meyer-Heders Glatze selbst in den Fokus, dazu gab’s markige Problemlösersprüche. Wenn doch Themen aufkamen, dann gab es auf sie auch nur eine Antwort. Bildung? Verkehr? Wirtschaft? Meyer-Heder.

Im linken Bremen wirkte er anschlussfähig mit seinem halb-alternativen Vorleben. Genau deshalb hatte die CDU ihn zum Spitzenkandidaten gemacht: Vor 30 Jahren ist Meyer-Heder noch als Percussionist der Combo „Trio Flop“ durch Bremen getingelt, unter anderem bei einem taz-Geburtstag hat er sich verdingt, wie das Archiv verrät. Doch ob er nun als Bürgermeister in einen Bündnis mit Grünen und FDP den Takt angeben kann, das hängt eben nun an den Grünen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.