Strache geht doch nicht nach Brüssel

Trotz Ibiza-Skandals hatte Österreichs rechter Ex-Vizekanzler bei der EU-Wahl einen Sitz errungen

Aus Wien Ralf Leonhard

Heinz-Christian Strache wird sein Mandat für das Europaparlament nicht annehmen. Diese Entscheidung habe er nach „reiflichen Überlegungen, langen Gesprächen mit meiner Frau und der Familie sowie eng vertrauten Wegbegleitern“ getroffen.

Das kommunizierte Österreichs Ex-FPÖ-Chef via soziale Medien am Montag, exakt einen Monat nach der Veröffentlichung des berüchtigten Ibiza-Videos, auf dem Strache 2017 einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte fette Staatsaufträge und eine Mehrheitsbeteiligung an der auflagenstarken Kronen Zeitung in Aussicht stellte, wenn sie ihn durch Parteispenden an die Regierung bringt.

Strache war am folgenden Tag als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurückgetreten. Wenige Tage später katapultierten ihn bei der Europawahl fast 45.000 Vorzugsstimmen nach Brüssel.

Wochenlang hatte Strache Freund und Feind im Unklaren gelassen, ob er das unverhoffte Mandat annehmen würde. Für die um Schadensbegrenzung bemühte Partei ist der Mann gleichzeitig ein Klotz am Bein und ein Stimmenbringer. Sein persönlicher Facebook-Account mit über 800.000 Followern ist der größte eines österreichischen Politikers und ein entsprechend wertvolles Instrument der Wählerbindung. Deshalb dürfte ihm der interimistische Parteichef Norbert Hofer zugeredet haben. Jedenfalls zeigte er sich in einer ersten Reaktion erleichtert: „Der Schritt, den Strache getan hat, war richtig.“

Dass Strache durch einen mit 10.000 Euro monatlich dotierten Beratervertrag ruhig gestellt werden soll, wie mehrere Zeitungen berichteten, dementierte Hofer. Es ist wohl auch kein Zufall, dass die Wiener FPÖ am Wochenende bestätigte, sie werde bei den vorgezogenen Nationalratswahlen am 29. September Philippa Strache, Straches 31-jährige Frau und Tierschutzbeauftragte der FPÖ, auf einen sicheren Listenplatz setzen. Dass es einen entsprechenden Deal gegeben habe, wiesen alle Beteiligten empört zurück. „Meine Frau Philippa ist eine unglaublich starke und völlig eigenständige Persönlichkeit, welche politisch sicher viel einbringen wird“, so Strache am Sonntag im Boulevardblatt Österreich.

Strache, der den Skandal konsequent als „politisches Attentat“ deutet und seit Tag eins an seinem politischen Comeback bastelt, lässt offen, ob er nächstes Jahr als Spitzenkandidat für den Posten des Wiener Bürgermeisters zurückkehrt. Vorher will er aber all seine Tatkraft in die „Aufklärung der Hintergründe, Auftraggeber und Hintermänner“ des Skandalvideos stecken. Die Stammwählerschaft, das zeigen auch jüngste Umfragen, hat Strache längst verziehen.