Rebellen im Kleingarten

Der Hannoveraner Kleingärtnerverein Tannenbergallee hat Angst, bei einem Immobiliengeschäft von seinem eigenen Bezirksvorstand übervorteilt zu werden. Gegen den läuft ein Verfahren wegen Untreue

bremen taz ■ Bei Kleingärtners in Hannover droht Rebellion. Zum ersten Mal lehnt sich ein Verein offen gegen seinen Bezirksvorstand auf. Dabei geht es um viel Geld, wertvolle Immobilien in Innenstadtnähe, möglicherweise auch um Untreue und Betrug. „Wir möchten unsere Angelegenheiten selbst regeln, weil wir unserem Bezirksvorstand misstrauen“, sagen Thomas Jakubovics und Wolfgang Meyer vom Kleingartenverein Tannenbergallee.

Das Problem ist nur: Alle Flächen der Hannoveraner Kleingärten sind von privat oder der Stadt dem Bezirksverband als Generalpächter verpachtet. Die einzelnen Vereine sind nur Unterpächter ihres Bezirksverbandes. Jetzt will der Bezirksverband die Tannenberg-Verhandlungen torpedieren. Just der Vorsitzende des Verbandes, Karl-Heinz Rädecker aber ist in der Vergangenheit für Fürst Immobilien tätig gewesen. Fürst hat ebenfalls Interessen an den Kleingärten am Yachthafen. „Wir befürchten, dass Herr Rädecker nicht unsere Interessen vertritt. Wir möchten nicht, dass unsere Gärten hinter unserem Rücken verkauft werden, ohne dass wir wissen, zu welchen Konditionen“, erklärt die Tannenberggruppe. Ein Gespräch mit seinen Mitgliedern aus dem Verein Tannenbergallee lehnte der Bezirksvorstand ab. Man habe „keinen Bedarf“.

Hochtief bestätigt gegenüber der taz Verhandlungen mit dem Verein Tannenbergallee. Aber: „Wir wollen auf den Kleingartengründstücken bauen und haben uns mit allen Beteiligten geeinigt. Es gibt nur noch Schwierigkeiten innerhalb der Kleingartenorganisationen.“ Fürst Immobilien dagegen blockt: „Die Kleingärtner nehmen sich viel zu wichtig. Wenn Sie über uns schreiben, werden wir das rechtlich prüfen lassen.“

In einem früheren Gespräch bestätigte Fürst aber die gute Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Rädecker. Der Vorsitzende des Bezirksverbandes der Hannoveraner Kleingärtner und Abgeordneter der rechten Ex-Schillpartei im Regionalparlament dagegen schimpft: „Der taz gebe ich keine Auskunft.“

Der Vorstand des Bezirksverbandes steht auch so öffentlich am Pranger. Gegen ihn laufen Verfahren, unter anderem wegen Untreue (die taz berichtete). Gerade hat das Bundesarbeitsgericht eine Beschwerde des Vorstandes in einem Prozess gegen eine Mitarbeiterin des Vorstandes abgeschmettert. Die Frau wollte Unregelmäßigkeiten im Bezirksverband nicht mehr ertragen und kündigte gegen die Zusage einer Abfindung von 25.000 Euro. Vorwürfe wegen Untreue versuchte der aktuelle Vorstand dieser Mitarbeiterin anzulasten. Das Gericht sprach jetzt endgültig der Frau ihre Abfindung zu. Alle Gerichtskosten muss der Bezirksverband tragen: 65.000 Euro für die Prozesse vor dem Landesarbeitsgericht plus eine vermutlich vergleichbar hohe Summe für das Bundesarbeitsgericht. Die Staatsanwälte ermitteln weiter gegen den Vorstand. Auch bei der Stadt Hannover ist ein Überprüfungsverfahren gegen den Bezirksverband anhängig. Bei Zuschüssen zur EXPO 2000 konnte der Bezirksverband die Ausgabe von 140.000 Mark nicht schlüssig belegen. Thomas Schumacher