Der Spielemacher

GESELLSCHAFTSSPIELE Einst hat Andreas Steinbach ein Spiel erfunden, das den Irrsinn der DDR-Wirtschaft aufspießte: Planopoly. Nun steckt der Dresdener Physiker mitten im Irrsinn des Kapitalismus

1 DDR, Dresden, Mitte der Achtzigerjahre. Der Physiker Andreas Steinbach und ein Freund übertragen das Gesellschaftsspiel Monopoly auf die Planwirtschaft. Sie basteln „Planopoly“, ein Einzelstück. Bei Spieleabenden nehmen sie das Wirtschaftssystem der DDR auf die Schippe: ein System, das selbst die unsinnigste Bürokratie ernst nimmt. Indem sie darüber lachen, behalten sie ihre Würde.

2 Mauerfall. Die DDR-Halbleiterforschung, in der Steinbach arbeitete, wird dichtgemacht. Er wird arbeitslos. Aber allmählich wird Dresden wieder zu einem Standort für die Mikroelektronik. 1995 fängt Steinbach bei Siemens im Microelectronics Center Dresden an. Späterer Firmenname: Qimonda. Ein Kunstwort. „Qi“ bedeutet in vielen asiatischen Sprachen Energie. Im Rest des Wortes steckt „le monde“ – die Welt.

3 Januar 2009. Qimonda meldet Insolvenz an. Ursachen: Überproduktion von Arbeitsspeicherchips auf dem Weltmarkt; keine Kredite, kein Profit. Die Produktion wird gestoppt, Politiker und Insolvenzverwalter suchen seitdem weltweit nach Investoren. Die Kommunisten in China zeigen Interesse. Andreas Steinbach ist einer von 3.000 betroffenen Qimonda-Mitarbeitern in Dresden.

VON WALTRAUD SCHWAB UND SVEN DÖRING (FOTOS)

Andreas Steinbach lacht. Über den Irrsinn in der DDR zum Beispiel. Über missratenes selbst gebackenes Brot. Über „null Stunden Kurzarbeit“. Sogar über sein blindes Auge. Weil er deswegen öfters was umstößt. „Kannst du nicht aufpassen?“, ermahnten ihn Erwachsene früher manchmal. Bis sie irgendwann – noch vor dem Mauerbau war das – wirklich verstanden haben, dass er auf einem Auge nichts sieht.

Steinbach kann nicht räumlich sehen. Er sieht alles in zwei Dimensionen – als wäre es ein Film auf der Leinwand. Aber im Leben, in seiner Arbeit als Physiker, als Forscher mit Narrenfreiheit, als Mann, der die Zukunft plant, da kennt er den dreidimensionalen Raum. Auch den vierdimensionalen, mehrdimensionalen. Dimensionen sind überwindbar, das hat er auf diese Weise gelernt. Steinbach drückt es bescheiden aus: „Ich muss immer im Voraus wissen, ob etwas mein verbliebenes Auge gefährdet. Ich muss wahrnehmen, was als Nächstes geschieht, bevor es passiert.“

Aber was passiert jetzt? Weiß er, was kommt – jetzt, in der Krise? In dieser großen, globalen Malaise, die nicht zu greifen ist und von der man doch hofft, dass sie an einem vorbeizieht? Steinbach ist einen Schritt weiter. Er steckt schon mittendrin.

Insolvenz

Am 31. März, einem freundlichen Tag, hat er in Dresden die Schlüssel von Qimonda abgegeben. In der Speicherchipfabrik hat er gearbeitet. Zum letzten Mal ist er den Berg runter zur Straßenbahn. „Infineon Nord“, „Infineon Süd“ heißen Haltestellen hier. Infineon, eine Abspaltung von Siemens. Qimonda, eine Abspaltung von Infineon. Auf seinem Abschiedsweg wollte Steinbach niemanden dabeihaben. Keinen Freund, keinen Fotografen, auch nicht seine Tochter – Zwetelina, Blümchen, heißt sie, nach ihrem bulgarischen Großvater Zwetomir.

Qimonda ist nicht irgendeine Fabrik in Dresden. 3.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hatte sie, war größte Arbeitgeberin der Stadt. Und eine der wichtigsten Säulen von Silicon Saxony, jener kleinen Kopie des kalifornischen Silicon Valley. Mit den neuen Technologien wollte auch Sachsen der Zukunft voraus sein. „Leuchtturmpolitik“ nannten die Politiker das. Und waren stolz auf das Wort. Ausgerechnet die Fabrik, die ganz vorne in der Zukunft lag, ist nun pleite. Weltweite Überproduktion führte zum Preisverfall von Speicherchips. Den Aktionären fehlt der Profit. Auf den Demonstrationen gegen die Schließung des Werks haben die „Qimondianer“ Transparente getragen, auf denen der Leuchtturm versinkt.

„Ich lache gern. Aber grad ist mir zum Weinen“, sagt Steinbach. Er steht am frühen Nachmittag in der Küche seiner Wohnung nicht weit vom „Blauen Wunder“, so heißt die gusseiserne Elbbrücke am östlichen Rand Dresdens.

Steinbach ist beim Backen. Freunde wollen kommen. Zusammen spielen wollen sie. „Planopoly“ heißt ihr Spiel. Suppe wird es geben und selbst gemachtes Brot. Statt Wasser nimmt er Bockbier dafür. Er schüttet einen Schluck in seine zur Kuhle geformte Hand und streicht das Bier über den Laib. Es ist wie die Geste eines Vaters, der seinem Kind entschlossen das schmutzige Gesicht abwäscht. Er erinnert sich, wie es war, wenn seine Eltern genau das taten. „Man hat es über sich ergehen lassen.“ Wie anderes auch.

Steinbach ist in der DDR zur Welt gekommen. Fragt man ihn danach, erzählt er sofort, dass er dort seit der Mondlandung 1969 – elf Jahre alt war er damals – immer nur Deutschlandfunk hörte. Zwar konnte man in Dresden keinen Fernsehsender aus dem Westen empfangen, Radioprogramme wohl. Beim Deutschlandfunk hat er sich die Informationen geholt, die ihn aus der Eindimensionalität heraus- und in die Mehrdimensionalität hineinführten. Den Medien der DDR war die Mondlandung nur eine Kurznachricht wert. Für ihn aber war sie ein Weg ins Universum. Von da an wollte Steinbach Ingenieur werden. Am Ende wurde er Physiker. Das passt besser zu einem wie ihm, den auch die andere Seite der Dinge interessiert. Dass in der DDR immer nur eine Sicht die richtige war, das hat er beim Radiohören gelernt.

Gelacht über die Einseitigkeit des DDR-Systems hat er später beim Spielen. An Silvester 1985 war er mit Freunden beim Monopoly gesessen. Jemand hatte es aus dem Westen mit rübergebracht. Aber er und seine Freunde fanden auch das zu eindimensional. „Wir brauchen Planopoly – das Monopoly der Planwirtschaft“, sagten sie. Das Wort war zuerst da. Eine Silvesterlaune. Ein Jahr später jedoch gab es das Spiel. Bis zur Wende konnten sie sich den Irrsinn der DDR von der Seele spielen. Mehr Rebell war Steinbach nicht. Den Mauerfall verpasste er in Bulgarien. Dort hatte er sich verliebt.

In Steinbachs Küche duftet es nach warmem Brot. Mit seinen langen, lockigen blonden Haaren sieht der 50 Jahre alte Mann aus wie einer, der noch immer den Achtzigern nachhängt. Anders als der verlebte Peter Maffay im Westen, anders als Steinbachs Idol, der zu früh verstorbene Cäsar der Ostrockband „Renft“, ist er jedoch jung geblieben. Sein linkes Auge, das sich etwas langsamer bewegt als das rechte, gibt ihm den unverstellten Blick eines Kindes.

Irritation

Der promovierte Physiker hat das Wundern bis heute nicht verlernt. Jetzt staunt er darüber, dass er, obwohl er noch die kompliziertesten Zusammenhänge mit Engelsgeduld erklären kann, seine Arbeit verloren hat. „Dass das geht“, sagt er. „Dass das Leben so unwägbar ist. Dass ich den Lauf der Dinge schon wieder nicht beeinflussen kann.“

Steinbach ist kein Held. Eher einer, der weiterzieht. Vielleicht ist er winzig. Aber nicht weg

Steinbachs Geschichte ist die von einem, der in die Geschichte geworfen wird. Und der, obwohl er als Physiker die Welt doch bis ins Kleinste ergründet, so darum ringen muss, sein Leben zu lenken.

Nicht zum ersten Mal erfährt er, dass seine Arbeit unwichtig ist. Auch nach der Wende wurde er als Physiker, der im Halbleiterbereich experimentierte, arbeitslos. Sein Forschungsauftrag an der Universität in Dresden wurde abgewickelt. Die Apparaturen aus seinem DDR-Labor landeten auf dem Müll, er selbst fand: zu Recht.

Jetzt allerdings liegt die Sache anders. Steinbach war bei Qimonda in der „Vorlaufforschung“ beschäftigt. Er war einer von denen, die daran arbeiteten, Chips immer schneller, immer kleiner, immer effizienter zu machen. Er sorgte für Entwicklungsvorsprünge. Zuletzt hatte Qimonda so einen vor den Konkurrenten in Asien und den USA. Nur wurde damit auch nicht so viel Rendite erzielt, wie’s die Investoren doch wollen. Dies, obwohl Speicherchips überall drinstecken. Sie sind wie ein Rohstoff. Eine Grundlage. Wie Holz. Wie Öl. „Wir sind ganz vorne auf dem Entwicklungsgebiet und die Einzigen in Europa, die Speicherchips produzieren, aber nun werden wir abgewickelt“, sagt er.

Er holt das Brot aus dem Ofen und setzt die Suppe auf. Steinbach kocht großzügig, eigentlich für mehr Leute als das halbe Dutzend, das er zum „Planopoly“ eingeladen hat. Das Spiel ist einmalig. Nur in Steinbachs Haus gibt es das.

Vor dem Spiel wird – wie im real existierenden Sozialismus – die große Losung verlesen. „Alle Geschichte von Gesellschaftsspiel ist die Geschichte der Ablösung des niederen durch das höhere Gesellschaftsspiel. Das real existierende Planopoly ist der Totengräber des bürgerlich-parasitären Gesellschaftsspiels in seiner aggressivsten Form: das Monopoly.“ Eine Persiflage auf ein Zitat aus dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels ist das. Westdeutschen, die mitspielen, muss Steinbach das meistens erklären.

Noch aber ist kein Gast da. Stattdessen kommt seine siebzehn Jahre alte Tochter in die Küche und will ihr Referat über das Römische Reich vortragen. „Die haben das Reich in Ost- und Westrom geteilt“, sagt Zwetelina. Steinbach antwortet: „Das ist wie Infineon, als sie Qimonda abspalteten.“ – „Hey, Ostrom hat noch lange gehalten“, widerspricht die Tochter. „Ich hoffe, Infineon macht es auch noch eine Weile“, erwidert er. „König Konstantin war selbstherrlich. Er hat überall Statuen von sich aufgestellt“, wirft Zwetelina ein. „Damals stellten die Römer Statuen von sich auf, heute geben sich die Manager Prämien.“

Qimonda, Infineon, die Manager – sie beherrschen seine Gedanken.

Entwickler von Arbeitsspeichern wie Steinbach befinden sich im Wettlauf mit der Kleinheit. Die kritischen Strukturen, mit denen bei Qimonda gearbeitet wurde, sind kleiner als 50 Nanometer. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter. Steinbach war schon bei noch größerer Kleinheit angelangt. Die kleinsten kritischen Abmessungen, die Wissenschaftler in der derzeit angewandten Siliziumtechnologie für technisch machbar halten, liegen bei 22 Nanometer – ein Haar ist zweitausendmal so dick. Man muss sich das so vorstellen: Da irgendwo ist die Grenze zwischen am winzigsten und weg. Trotz der maximal zu erreichenden Kleinheit sollen aber immer größere Datenmengen transportiert und gespeichert werden. Glaubt man den Szenarien aus Voyager, Star-Wars oder Enterprise, sind das irgendwann nicht mehr nur Informationen, sondern auch Materie. In Science-Fictions werden Menschen von einem Ort an den anderen gebeamt.

Steinbach hat Zweifel, dass das je gehen wird. Obwohl er Sätze sagt wie: „Wellen haben Teilcheneigenschaften und Teilchen haben Welleneigenschaften.“ Oder: „Sie können Energie in Stoffliches und Materie in Energie umwandeln.“

Ihn allerdings interessiert viel mehr die Frage, was dann passiert, wenn die Speicherchips ihre maximale physikalische Kleinheit erreicht haben. In knapp zehn Jahren ist es so weit. „Was danach kommt, ist noch offen.“ Steinbach fühlt sich um die Chance beraubt, bei dieser Entwicklung dabei zu sein.

Kein Profit

■ Waltraud Schwab ist Reporterin im sonntaz-Ressort. Monopoly hat sie ein Mal gespielt und dann nie wieder. Beim Planopoly ging sie in der Planwirtschaft unter.

■ Sven Döring ist freier Fotograf in Dresden. Er erinnert sich noch gut an die Planwirtschaft. Coole Jeans und Turnschuhe blieben damals für ihn als Teenager ein Traum.

In der Halbleiterbranche sind Profite schon lange nicht mehr garantiert. Als Siemens Infineon ausgliederte, kündigte sich das bereits an. Infineon wiederum gründete die Qimonda AG nur, um die aufwendige Speicherchip-Sparte loszuwerden. Als die Aktie 2006 ausgegeben wurde, kostete sie dreizehn Dollar. Ende 2008 war die Aktie nur noch ein paar Cents wert.

Im April haben sie im Qimonda-Werk in Dresden die Maschinen heruntergefahren. Wer, wie Steinbach, noch keinen neuen Job hat, bekommt die nächsten vier Monate Geld von einer Auffanggesellschaft. Obwohl die Maschinen nun abgeschaltet sind, sucht der Insolvenzverwalter Michael Jaffé aus München weiter nach Investoren – ein chinesischer Staatskonzern gilt als ernsthaftester Interessent. „Das ist doch Wahnsinn“, ruft Steinbach. „Ausgerechnet die Kommunisten aus China machen, was die Europäer machen müssten: sich Wissen und Produktion sichern.“ Mit staatlichem Geld. Trotzdem ist China für einen wie ihn jetzt noch die beste Chance: Nur so könnte er weitermachen. Nur so wäre nicht umsonst, was er in den letzten vierzehn Jahren entwickelte. „Wenn die Arbeit, die man macht, unwichtig ist, ist man selber unwichtig“, sagt er und reibt auch das warme Brot noch einmal mit Bier ein. Da klingelt es.

Die Freunde kommen – ein Ex-Ringer, eine Verhaltenstherapeutin, ein Nachbar. Auch Martin Nebe ist da. Mit ihm zusammen hat Steinbach das Spiel damals entwickelt. Nebe ist Physiker, jetzt arbeitet er in der Dresdener Stadtverwaltung. Alle ziehen die Schuhe aus und Pantoffeln an, bevor sie ins Wohnzimmer gehen. Auf dem Tisch liegt das Spielbrett. Was sonst noch im Zimmer steht – sechs Lautsprecher, der riesige Flachbildschirm, der opulente Computer, die vielen Grünpflanzen –, interessiert nicht. Planopoly verspricht einen Abend mit Lachen. Lachen befreit. Steinbach ist voller Vorfreude. „Vielleicht ist Planopoly das Beste, was ich entwickelt habe“, sagt er.

Alle Spieler werden zu Leitern von sozialistischen Produktionsgenossenschaften ernannt. Handel „hin & her“, Bau „auf & ab“, Kohle und Energie „heiß & kalt“ etwa. „Oh Gott, ich hab doch Asthma“, schreit die Therapeutin, die an diesem Abend zum ersten Mal mitspielt, als sie zur Direktorin der Produktionsgenossenschaft für Kohle ernannt wird.

Ziel aller Direktoren: die Produktion steigern. Allerdings ist das in der Planwirtschaft nicht so einfach. Zu viele Unwägbarkeiten. Sie heißen mal „Initiativschicht“ oder „Ernteeinsatz“, mal „Überplanbestand“ oder „Zivilverteidigung“, mal „Planpräzisierung“ oder „sozialistische Hilfe“. Kommt noch hinzu: Produzieren ist teuer. Jeder Schritt kostet „Lom“ – „Lumpige Ost-Mark“.

Die Planerfüllung scheitert bei diesem Spiel. Unsinnige Anweisungen auf den Kooperations- und Ereigniskarten stören den Ablauf. Da müssen Potemkinsche Dörfer für den Besuch des Zentralkomitees gebaut werden. Da muss Winterhilfe geleistet werden. Da müssen gute Kollegen, die nicht in der Partei sind, wegen eines sensiblen Auftrags durch fachliche Nieten ersetzt werden, die in der Partei sind. Alles kostet. Man kann endlos im Kreis herumgeschickt werden.

Wahnsinn

Selbst die spielerfahrenen Ostler können diesem Wahnsinn nicht entkommen. Auf komplett verlorenem Posten aber ist die Therapeutin. Sie ist aus dem Westen. Schnell ist ihr Startkapital verspielt. Macht nichts. Das System schleppt sie mit. „Unter geht im Sozialismus niemand“, erklärt Steinbach. Für ihre verdienstvollen Leistungen erhält sie immerhin die Wanderfahne. Die steckt sie sich ins Haar.

Speicherchips stecken überall drin. Sie sind eine Grundlage. Wie Holz, wie Öl

Roland Rzehak, der Nachbar, der gekommen ist, war auch bei Qimonda. Ein Westler ist er, der sich nun schon aus Dresden wegziehen sieht. „Lieber würde ich bleiben“, sagt er wehmütig. Für Steinbach ist das wie ein Stichwort: „Vor 20 Jahren war ich genauso überflüssig wie jetzt“, ruft er in die Runde. Das zumindest ist beim Planopoly nicht möglich. Man kann nicht rausgeschmissen werden. Nur in der Parteischule landen. Sie ist wie das Gefängnis.

Auf einer Spielemesse in Essen 1993 versuchte Steinbach, das Spiel zu vermarkten. Niemand wollte es. „Vergiss den Sozialismus, vergiss die DDR“, sagte man ihm. Jetzt allerdings plant Steinbach eine aktuelle Version. „Manager“ soll der Titel sein. „Die Parolen der DDR, die Reden der Manager, das ist dasselbe“, meint er. „Konzentration auf die Kernkompetenz“ heiße es nun oder „Ausweitung der Geschäftsfelder“. Und beides begründeten sie mit den gleichen Argumenten, obwohl es doch gegensätzliche Strategien sind.

Parallelen sieht Steinbach überall. Er musste in der DDR in Marxismus-Leninismus-Kursen sitzen und bei Qimonda in McKinsey-Schulungen. Beides mit Anwesenheitspflicht. Auch die Devise, dass jeder Entwickler mindestens zwei Patente im Jahr anmelden muss, wurde bei Qimonda ausgegeben. Planerfüllung wie in der DDR. Dass Arbeit keinen Wert haben soll und der Fortschritt zum Wolkenkuckucksheim wird, kommt ihm ebenfalls bekannt vor. Mauerfall 1989, Krise 2009. Da ist er, der Stoff, der zukünftigen Ereigniskarten in seinem neuen Spiel den satirischen Zungenschlag geben kann. Auch das Prinzip wird bei beiden Spielen das gleiche sein: „Man kann allerhand Strategien anwenden, am Ende haben sie wenig Einfluss auf den Erfolg.“

Planopoly hätten sie mit Freunden gespielt, von denen sie sich sicher waren, dass sie nicht zur Stasi gehörten. „Man hat das gemerkt, wer dabei war und wer nicht“, sagt Steinbachs Freund Nebe. Als die beiden ihre Akten einsahen, fanden sich dann allerdings nur die Eintragungen aus der Zeit vor 1985. Er zeigt die Kopie eines Briefes. Die Unterschrift ist geschwärzt. „Keine besonders beachtenswerten Hinweise auf Verhaltensweisen, die ihn charakterisieren“, steht da über ihn.

Steinbach ist kein Held. Eher einer, der weiterzieht – auf der Suche nach einer neuen Nische, wo Visionen gebraucht werden. Denn vielleicht ist er winzig. Aber nicht weg.

Schon beim Abschied nach dem Spiel wirkt er, als hätte er alle Verbitterung abgeschüttelt. Bei der Entwicklung der Produktionsanlagen für Solarzellen, da sieht er noch Potenzial. Er wird sich bewerben.