Hochwasser gesetzlich geschützt

Bundesverkehrsministerium stellt Eckpunkte zum „Artikelgesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes“ vor. Danach soll nicht nur Bauen in Überschwemmungsgebieten verboten werden, sondern auch Flussaus- und Ackerbau

von NICK REIMER

Jetzt liegt es auf dem Tisch: Das Bundesumweltministerium stellte im Bundeskabinett die Eckpunkte eines neuen Hochwasserschutz-Gesetzes vor, die nun den einzelnen Ressorts zur Abstimmung vorliegen. „Bislang war Hochwasserschutz Ländersache“, erklärte Rainer Baacke, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Mit dem „Artikelgesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes“ betrete der Bund daher Neuland: „Wir geben erstmals Mindestanforderungen vor, die durch die Landesgesetzgebung umzusetzen sind.“

„Eins zu eins“ setze der Gesetzentwurf um, was die Regierung in einem Fünfpunkteprogramm nach dem Augusthochwasser beschlossen habe, erklärt Ministeriumssprecher Michael Schroeren. Das bedeutet: Zum ersten Mal wird Hochwasser gesetzlich definiert – und festgelegt, gegen welche Gefahren mit welchen Maßnahmen vorgegangen werden soll.

Für die allermeisten vorgesehenen Schritte ist dabei die so genannte HQ-100-Marke Bemessuungsgrundlage – der höchste Pegel eines Fließgewässers, der in hundert Jahren gemessen wurde. Alles, was von diesem Bemessungshochwasser überschwemmt wurde, soll nun binnen fünfjähriger Frist als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen werden: In diesen Gebieten darf nicht mehr gebaut werden. Und um Bodenerosion zu verhindern, darf auch kein Ackerbau mehr betrieben werden. Dem grünen Staatssekretär ist zwar klar, dass davon zum Teil jahrhundertealte Nutzungs- und Eigentumsrechte betroffen sind. „Wir haben trotzdem keine verfassungsrechtlichen Bedenken.“ Die Flächen könnten ja weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden – etwa als Weideland. Außerdem würden Eigentumsrechte nicht berührt. „Wir wollen das über ein Subventionsverbot lösen.“ Das Gesetz sieht zehn Jahre Übergangsregelung vor.

Zweitens führt das Gesetz die Kategorie der „überschwemmungsgefährdeten Gebiete“ ein. Das sind solche, die durch Deichbruch oder höhere Pegel als nach einem HQ-100-Hochwasser geschädigt würden. Für diese Flächen sollen „Schadensminderungsmaßnahmen“ vorgeschrieben und bestimmte Nutzungsmöglichkeiten beschränkt werden. „Das betrifft etwa das Verbot von Ölheizungen oder eine Nachrüstungspflicht für Hausbesitzer, die eine solche Heizung haben“, so Baacke.

Die Eckpunkte richten sich jedoch nicht nur an die Länder, sondern auch an den Bund selbst: Ausdrücklich wird Unterhaltung und Ausbau von Bundeswasserstraßen als „hochwasserneutral“ festgelegt. „Damit wird etwa dem Elbausbau ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben“, erklärte der grüne Staatssekretär. Er erwarte keinen Konflikt mit Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe. Was allerdings „hochwasserneutrale Unterhaltung“ bedeutet, muss erst noch geklärt werden.

Noch vor Ostern soll die Ressortabstimmung beendet und das Gesetzgebungsverfahren dann im Bundestag eingeleitet werden. Zwar ist der Bundesrat nach der angestrebten Verfahrensweise nicht zustimmungspflichtig. Baacke meint aber: „Wir erwarten und wünschen uns allerdings eine lebhafte Debatte.“