FOTOREPORTAGEN AUS DEM OSTEN – AUGENZEUGEN DER VERHÄLTNISSE

Satt gold glänzend leuchtet der Umschlag von „East“. Bereits die Verpackung des Bildbandes kommt verführerisch und selbstbewusst daher. Junge, größtenteils osteuropäische Fotoreporter haben sich viel Zeit genommen, um zu berichten und Privaträume abzulichten. Im Osten liegt aber auch die größte Stadt der Welt: Chongqing in China wächst jedes Jahre um eine halbe Million Einwohner auf einer Fläche, die halb so groß wie Österreich ist. Blättert man den üppigen Bildband durch, fragt man sich manchmal, in welchem Jahrhundert die Geschichten eigentlich spielen. Beispielsweise bei „Sehnsucht nach Marmures“, einer entlegenen Region Rumäniens, in der die Tradition nicht nur an Festtagen bewahrt wurde.

„East“ ist jedoch kein Buch für sentimentale Verklärungen oder Nostalgie. Die Geschichten sind so gegensätzlich wie die Stringtangas, die zum Sonnenbad in der Slowakei gehören und die riesige Baumwollunterwäsche, die auf einer albanischen Leine trocknet. Nur ahnen kann man, wie lange es manchmal dauert, bis das erste Bild einer dieser Fotoreportagen gemacht werden konnte. Wie viel Vertrauen aufgebaut werden musste, bis Dana Popa aus Rumänien beispielsweise die Bilder der ehemaligen „Sexsklavinnen“ in Moldawien gelangen. Sie erzählt deren Geschichte eindringlich, ohne auf reißerische Fleischlichkeit zu setzen. Krachend körperlich danach die slawische Chippendales Show. Muskelmänner bieten ihr Fleisch zur Schau.

Und noch immer gibt es die Kommunalka, Gemeinschaftwohnungen in St. Petersburg. Hier wird auf engstem Raum für wenig Geld gelebt. Hollywood gibt es hier nur als Schild über dem Abwasch.        PETRA SCHROTT

„East“ ist eine Sammlung von 17 Fotoreportagen mit Text zum 20. Geburtstag der österreichischen Fotoagentur Anzenberger, Moser Verlag, 2008, 59 €. FOTO: ANDREJ BALCO/ANZENBERGER