Pinochets Terrorstratege

Die chilenische Justiz ist ihrem Namen gerecht geworden: Der 79-jährige Manuel Contreras, die rechte Hand von Augusto Pinochet in der repressivsten Phase der Diktatur (1973–90), wurde am Montag zu zweimal „lebenslänglich“ verurteilt. Ein Richter sah es als erwiesen an, dass Contreras 1974 als Chef des Geheimdienstes Dina die Ermordung von Carlos Prats und Sofía Couthbert angeordnet hatte. Das Ehepaar wurde durch eine Autobombe in Buenos Aires ermordet. Unter Chiles sozialistischem Präsidenten Salvador Allende (1970–73) war General Prats Minister und Vizepräsident.

Tage nach dem Putsch im September 1973 ließ Contreras vier Gewerkschafter ermorden. „Ich bin das Gesetz“, sagte er danach zu zwei Richtern und zeigte auf seine Pistole, „und das hier ist das Rechtssystem.“ Die Dina gründete er im Juni 1974. Zu jener Zeit pflegten Pinochet und Contreras zusammen zu frühstücken. Dabei informierte der Dina-Chef seine Vorgesetzten über Foltergeständnisse und abgehörte Telefonate. Über 1.000 Agenten waren für den Geheimdienst bis zu seiner Auflösung 1977 tätig, acht von ihnen wurden vorgestern ebenfalls verurteilt. Etwa 5.000 Menschen landeten in den Fängen der Dina-Schergen.

Von 1974–77 war Contreras zugleich Informant der CIA, eine Zahlung an ihn ist nachgewiesen. 14 Tage nach einem Treffen im CIA-Hauptquartier wurde der glühende Antikommunist zum Gründer der „Operation Condor“ und organisierte die grenzüberschreitende Verfolgung linker Oppositioneller in Südamerika. Auch mit den Geheimdiensten Israels und Südafrikas kooperierte die Dina. An der Ermordung des Allende-Vertrauten Orlando Letelier 1976 in Washington war Contreras ebenfalls beteiligt. Dieser Mord brachte ihm 1993 seine erste Verurteilung zu sieben Jahren Haft ein.

In der Colonia Dignidad war Contreras bis in die 1990er hinein ein gern gesehener Gast. Die Dina benutzte die berüchtigte Deutschen-Siedlung in Zentralchile als Schießplatz, Folterzentrum, Giftgaslabor und Lager für geschmuggelte Waffen. Bei einer Jagdpartie erschoss Contreras 1985 aus Versehen den achtjährigen Hartmut Münch, Colonia-Gründer Paul Schäfer vertuschte die Tat.

Mit Pinochet überwarf sich Contreras schon bald, doch erst 2005, nach einer weiteren Verurteilung, beschuldigte er ihn zahlreicher Verbrechen. Während der greise Exdiktator seiner Strafe entging, hatte sein früherer Adlatus offenbar zu wenig gute Beziehungen. Die Nachricht von den jüngsten Verurteilungen erreichte ihn im Cordillera-Gefängnis. Nun bringt er es auf ein gesammeltes Strafmaß von 289 Jahren aus 25 Prozessen, wie La Segunda errechnete. GERHARD DILGER