SCHLUSSVERKAUF ODER DER HÄSSLICHE TOD DER MODE

Das Buch der Stunde handelt vom Hässlichen. Dem Hässlichen, das jeder kennt und keiner sieht. Auch jetzt nicht. Dabei ist es wieder so weit. Denn das Hässliche, das Harald Gruendl in „The Death of Fashion – The Passage Rite of Fashion in the Show Window“ (Springer Verlag, Wien, New York 2007, 299 Seiten, 44 Farbabbildungen, 39,95 Euro) untersucht, findet sich im zweimal jährlich wiederkehrenden Ritual des Schlussverkaufs. Gruendls Augenmerk gilt dem Schaufenster. Plötzlich stellt es eine radikale Absage an den Fetisch Mode dar, dem es sonst in seiner Gestaltung doch ganz und gar verpflichtet ist. Denn es ist leer. Höchstens voll nackter Kleiderpuppen. Oder in Packpapier verhüllt, als seien Christo und Jeanne Claude zugange gewesen. Dieser Antiästhetik des Schlussverkaufs geht Gruendl in Exkursionen durch die großen Einkaufsstraßen von Wien, Paris, London, New York und Hamburg nach. Er dokumentiert deren Schlussverkaufsfenster und zentrales Design in drei Fotostrecken, wobei er die Schlussverkaufsmotive auch im klassischen kunsthistorischen Verfahren der Doppelprojektion mit strukturgleichen, aber kontextfremden Motiven konfrontiert. Diese Untersuchungen in der Praxis führen zu verblüffenden Einsichten. Zunächst wird die uniforme Ästhetik des Schlussverkaufs weltweit geteilt. Und eigentümlicherweise wird das Phänomen, obwohl doch höchst öffentlich ausgestellt, nicht weiter wahrgenommen. Damit aber führt der hässliche Tod der Mode auch schon zur schönen Konsequenz der Aufklärung. Denn Gruendl erkennt in diesem globalen Schweigen ein starkes Indiz, den Schlussverkauf als Zone verbotenen Wissens zu sehen; als Ausdruck eines echten, weil allgemein respektierten Tabus, an das immer schon vorhersehbare Ende der Karriere des Fetischs Ware zu rühren. Spannend ist es dann zu verfolgen, wie Gruendl in seinem theoretisch anspruchsvollen Versuch, das Arkanum des Schlussverkaufs als Rites de Passage thesenfähig zu deuten, diese Zone verbotenen Wissens als Raum neuen Wissens erschließt. BRIGITTE WERNEBURG