Arbeiten schwer gemacht

Was Geflüchtete daran hindert, das zu tun, was die meisten unter ihnen sich sehnlich wünschen: einen regulären Job zu finden

Von Gareth Joswig

1. Wartezeit Arbeitserlaubnis

Bis 2015 hatte sich die Lage von Geflüchteten schrittweise verbessert, die Wartezeit auf eine Arbeitserlaubnis war auf drei Monate verkürzt worden.

Als sich die Stimmung in Deutschland gegen die Flüchtlinge zu wenden begann, gab es jedoch verschiedene Verschärfungen: Mit dem neuen Integrationsgesetz vom August 2016 wurde die Wartezeit, die Geflüchtete unter Umständen in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen müssen, auf bis zu sechs Monate ausgeweitet. So lange dürfen sie nicht arbeiten.

Durch Beschluss der jeweiligen Landesregierung kann die Pflicht zum Leben in Einrichtungen sogar auf zwei Jahre verlängert werden.

Für Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ kann sogar die Pflicht bestehen, bis zur Ausreise und Abschiebung in einer Einrichtung zu leben.

Auch in den von Innenminister Horst Seehofer (CSU) geplanten „Ankerzentren“ sollen Menschen keine Arbeitserlaubnis bekommen.

2. sichere Herkunftsstaaten

Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten sind strukturell und systematisch vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, wenn sie ihren Asylantrag nach 2015 gestellt haben. Aber auch Menschen aus vermeintlich sicheren Herkunftsländern, die seit Jahrzehnten gut integriert sind und hier zur Schule gingen, aber nie ein klares Aufenthaltsrecht hatten, können ausgeschlossen sein:

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen berichtet, dass erst vergangenen Montag eine fünfköpfige Familie mit drei schulpflichtigen Kindern in den Morgenstunden aus dem Landkreis Gifhorn nach Montenegro abgeschoben wurde. Die Mutter hatte bereits einen Vertrag für eine Ausbildung als Altenpflegerin bei einem kirchlichen Träger unterschrieben. Die Familie lebte bereits mehrere Jahre in Niedersachsen. Da sie zwischendurch wieder für drei Monate in Montenegro waren, unterlagen sie als Staatsangehörige eines „sicheren Herkunftsstaates“ einem gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsverbot. Die drei Kinder der Familie besuchten seit mehreren Jahren erfolgreich die Schule und hatten gerade das neue Schuljahr begonnen.

3. Arbeitsverbot

Wer nicht mitarbeitet an der eigenen Abschiebung, kann von den Ausländerbehörden ein Arbeitsverbot kassieren. Mitarbeit heißt in den meisten Fällen die Beschaffung von gültigen Ausweispapieren.

Der klassische Fall: Der Asylantrag eines Bewerbers wird abgelehnt, es liegen aber keine gültigen Papiere für die Abschiebung vor. Die Ausländerbehörden fordern den Pass, um abschieben zu können, der Geflüchtete besitzt keinen oder kann diesen oftmals nicht beschaffen.

Wenn die Ausländerbehörde die Nicht-Beschaffung der Dokumente als Verschulden des Betroffenen auslegt, kann sie ein Arbeitsverbot erteilen. Manche Ausländerbehörden machen das nach Auskunft des Flüchtlingsrates Niedersachsen exzessiv, andere sind liberaler.

4. Ermessensspielraum

Selbst wenn alle Formalien für die Aufnahme einer Beschäftigung erfüllt sind, haben die Ausländerbehörden trotzdem noch einen Ermessensspielraum.

Zunehmend wird bei Geduldeten und abgelehnten Asylbewerbern versucht, ihre Integration zu verhindern. Etwa, indem bei gut integrierten Menschen, die bei der Einreise bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden, auf Dublin-Abschiebungen bestanden wird.

Auch wenn die Personen bereits mehrere Jahre hier sind und Schule,Praktika sowie Ausbildungen durchlaufen haben, versuchen Behörden dann, auf einer Abschiebung in das Einreiseland zu bestehen – obwohl die Betroffenen als gut integrierte und ausgebildete Menschen dem fachkräftearmen Arbeitsmarkt sofort zur Verfügung stehen könnten.

Quelle: Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender, Münster; der Flüchtlingsrat Niedersachsen, Hannover