Atommüll-Endlager in Dänemark: 99.700 Jahre runtergerechnet

Kopenhagen will ein oberflächennahes Endlager bauen, das für die nächsten 300 Jahre geeignet ist. Das reicht nicht aus, sagen Kritiker.

Strahlt länger als die Dänen glauben. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Dänemark hat keine Atomenergie. Dank einer starken Antiatomkraftbewegung, die sogar das international verwendete „Nein, danke!“-Sonnenlogo schuf, schob das Parlament in den 1980er Jahren allen künftigen AKW-Plänen einen Riegel vor. Ein Atommüllproblem hat das Land nun aber trotzdem. Vor allem aus Betrieb und Abriss von drei bereits stillgelegten Forschungsmeilern haben sich rund 10.000 Kubikmeter Strahlenmüll angesammelt. Darunter auch 233 Kilo Brennelementereste mit langlebigen Radionukliden.

Im Oktober 2014 hatte Kopenhagen das Konzept für ein Atommüllendlager präsentiert, nun endete die Anhörungsfrist im Rahmen des Umweltprüfungsverfahrens. Und: Es hagelt Kritik.

Kein gutes Haar lässt das Darmstädter Öko-Institut am Endlagerkonzept: Es sei von Grund auf „fehlerhaft“. Um zu sparen, will Kopenhagen nämlich ein oberflächennahes Endlager in 30 bis 100 Metern Tiefe bauen. Dabei unterstelle man „Abfallarten, deren radioaktiver Zerfall über die kommenden 300 Jahre“ erfolgen soll, bemängelt das Öko-Institut: Obwohl „keine der dänischen Abfallarten dieses einfache Kriterium erfüllt“.

Tatsächlich werde das Gros des Abfalls diesen Zeitraum „um mehrere Größenordnungen“ übertreffen – und müsste nicht 300, sondern 100.000 Jahre sicher gelagert werden. Man müsse also ein Langzeitlager planen, angesichts der geologischen Verhältnisse käme dafür grundsätzlich nur eine Tiefe von 300 bis 800 Metern infrage.

Alle sechs potenziellen Standorte – dabei einer nahe Rødbyhavn, 20 Kilometer von der deutschen Insel Fehmarn entfernt und einer auf der Ostseeinsel Bornholm – liegen in der Nähe von Nord- oder Ostseeküste. Dies bedeute, dass „langlebige Radionuklide binnen der nächsten 100.000 Jahre ein- oder mehrmals mobilisiert und über weite Strecken“ ins Meer transportiert werden könnten, bemängelt das niedersächsische Umweltministerium: „Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen bis in das Gebiet der norddeutschen Tiefebene könnten nicht ausgeschlossen werden.“

Das polnische Umweltministerium wirft den Dänen mit ähnlicher Begründung einen Verstoß gegen die Richtlinien der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO vor, Schweden kritisiert eine fehlende Berücksichtigung der zu erwartenden Erhöhung des Meeresspiegels.

Die Kritik hat nun auch in Dänemark für Unruhe gesorgt. In einem Brief fordern die Bürgermeister der betroffenen Kommunen „umfassende Aufklärung“. Die linksoppositionelle „Einheitsliste“ will alle Pläne stoppen und schlägt vor, den hochradioaktiven Reaktormüll im Ausland zu lagern. Doch laut der Tageszeitung Information versucht Kopenhagen das schon seit Jahren – allerdings erfolglos.

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