Atomtransporte durch Hamburg: Kein Ende in Sicht

Trotz antiatomarer Selbstverpflichtung und dem Aus für drei norddeutsche AKW: Die Zahl der Atomtransporte durch die Stadt nimmt einfach nicht ab.

Mit einem Boot und Transparenten demonstrieren Atomkraftgegner im Jahr 2011 gegen den Umschlag von uranhaltigem Material im Hamburger Hafen.

Gibt es schon lange: Proteste gegen Atomtransporte durch Hamburg – hier im Jahr 2011 Foto: dpa

HAMBURG taz | Es galt als wichtiger Schritt zur atombrennstofffreien Zone Hamburg: Vergangenen April erklärten mit der Hamburger Hafen und Logistik (HHLA) und der Reederei Hapag Lloyd zwei führende Unternehmen der Hamburger Schifffahrt und Hafenwirtschaft, Atombrennstoffe nicht mehr im Hamburger Hafen umzuschlagen. Freude darüber herrschte im rot-grünen Senat, aber auch in den Umweltverbänden. Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch damals: „Der Anfang ist gemacht.“

Ist er nicht. Ein dreiviertel Jahr nach der antiatomaren Selbstverpflichtung belegt jetzt die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken: Die Zahl der Atomtransporte durch den Hamburger Hafen ist nicht gesunken, der angekündigte Atomverzicht noch gegenstandslos. 2018 passierten rund 180 Atomtransporte die Stadt – nicht weniger als in den Jahren zuvor. 80 dieser Transporte enthalten Kernbrennstoffe für Atomkraftwerke, 99 andere strahlende Materialien.

Und das, obwohl die drei norddeutschen Atomkraftwerke in Brunsbüttel, Stade und Krümmel längst stillgelegt sind, Hamburg bleibt weiterhin ein wichtiger Umschlags- und Durchfahrtsort für Atomtransporte. Und „der Hafen bleibt auch 2018 eine internationale Drehscheibe für die Ver- und Entsorgung von Atomkraftwerken“, klagt der Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Norbert Hackbusch.

Für die Linke ist damit die rot-grüne Strategie gescheitert beim maritimen Atomausstieg auf Freiwilligkeit zu setzen. 2015 vereinbarten die beiden Koalitionäre, die betroffenen Unternehmen dazu zu drängen, freiwillig auf den Transport von Kernbrennstoffen durch Hamburg zu verzichten. Anders als Bremen, dass den Unternehmen die Daumenschrauben anlegte, Verbote aussprach und sich nun deshalb vor dem Verfassungsgericht wiederfindet.

Die Erklärung von HHLA und Hapag-LLoyd aus dem vergangenen Jahr, freiwillig auf Transport und Umschlag atomarer Fracht zu verzichten, hätte ein Anfang sein können. Doch obwohl auf den drei von der HHLA betriebenen Terminals keine Kernbrennstoffe mehr umgeschlagen werden, blieb eine antiatomare Kettenreaktion bislang aus. Was der Senat nicht an die große Glocke hing: Firmen wie Eurogate und C. Steinweg, Betreiber des Süd-West-Terminals, hatten auf die atomaren Ausstiegsbitten des Senats noch nicht einmal reagiert.

Norbert Hackbusch, Die Linke

„Der Hafen bleibt auch 2018 eine internationale Drehscheibe für die Ver- und Entsorgung von Atomkraftwerken“

So rollen auch weiter – im Schnitt mehrfach pro Woche – ätzendes Uranheraflurid, strahlende Uranoxide und Brennelemente für noch laufende Atomkraftwerke in Deutschland und den Nachbarländern über Hamburgs Straßen, Schienen und Wasserwege. Dass die Zahl der Transporte nuklearen Materials noch größer ist als sich in den Anfragen findet, befürchtet der umweltpolitische Sprecher der Linken, Stephan Jersch. Denn viele Transporte „sonstiger radioaktiver Stoffe“, etwa aus dem medizinischen Bereich, seien nicht einmal meldepflichtig.

Viel Zeit bleiben SPD und Grünen auch nicht mehr, ihre Koalitions­vereinbarung umzusetzen. „Ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl lässt die rot-grüne Parlamentsmehrheit immer noch zu, dass Hamburg eine Drehscheibe des atomaren Geschäfts weltweit ist“, erinnert Jersch die Regierung daran, dass der Atom-Ausstieg Hamburgs längst überfällig ist.

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