Attentat in der Ukraine: „Motorola“ kämpft nicht mehr

Arsen Pawlow, Kommandeur der prorussischen Kämpfer in der Ostukraine, wurde getötet. Die Täter könnten aus den eigenen Reihen stammen.

Arsen Pawlow salutiert aus einem Panzer heraus

Arsen Pawlow alias Motorola bei einer Parade am 9. Mai 2016 in Donezk Foto: reuters

KIEW taz | Arsen Pawlow und sein Leibwächter hatten keine Chance, als ein ferngezündeter Sprengsatz über der Kabine des Fahrstuhls in Pawlows Wohnhaus im Zentrum von Donezk in der Nacht auf Montag explodierte. Der 33-jährige Arsen Pawlow, besser bekannt unter seinem Feldkommandeursnamen „Motorola“, war sofort tot.

Der Mord an Motorola sei von Kiew geplant und durchgeführt worden, erklärte der Chef der „Volksrepublik Donezk“, Alexander Sachartschenko, unmittelbar nach Bekanntwerden des Anschlags. Die Tat sei eine Kriegserklärung Kiews. Nun werde man gnadenlos gegen die Agenten Kiews und ihre Familien vorgehen, erklärte Sachartschenko. „Alle Offiziere, Majore, die auf unserem Territorium arbeiten, alle eure Agenten und Familien, sie sind ab sofort außerhalb des Gesetzes. Wenn wir zu euch nach Hause kommen, wird es keine Gnade geben“, drohte der Chef der „Volksrepublik Donezk“.

Auch Denis Puschilin, Sprecher des Parlaments der „Volksrepublik Donezk“, machte Kiew für den „Terroranschlag“ verantwortlich. Igor Strelkow, ebenfalls lange Feldkommandeur der prorussischen Rebellen in der Ostukraine, sieht hingegen die Täter in den eigenen Reihen. Niemand habe das Haus von Motorola betreten können, ohne dass die Sicherheitskräfte auf ihn aufmerksam geworden wären, zitiert das ukrainische Internetportal dialog.ua Strelkow. Er ist genauso wie Motorola russischer Staatsbürger.

Auch der ukrainische Politologe Ruslan Bortnikow geht davon aus, dass es die eigene Leute gewesen seien, die dem Leben von Motorola ein Ende gesetzt hätten. Der Anschlag, so Bortnikow gegenüber der Agentur Ria Novosti – Ukraina, sei auf Machtkämpfe in der Volksrepublik zurückzuführen.

Revolver bei der Hochzeitsfeier

Motorola hatte schon im Tschetschenienkrieg auf russischer Seite gekämpft. Sofort nach der Annexion der Krim im März 2014 war er auf die Halbinsel gereist, wo er den Feldkommandeur Igor Strelkow kennenlernte, mit dem er die ostukrainische Stadt Slawjansk besetzte.

In der „Volksrepublik Donezk“ galt Motorola als Haudegen, der es sich nicht nehmen ließ, sogar bei seiner Hochzeit 2014 einen Revolver zu tragen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beschuldigt den Autoschlosser aus der russischen Teilrepublik Komi der Tötung von 15 ukrainischen Kriegsgefangenen.

Laut Amnesty International soll Pawlow 15 ukrainische Gefangene getötet haben

Die Tötung von Motorola dürfte die Atmosphäre bei den Verhandlungen über eine friedliche Lösung des Konflikts weiter vergiften. Am Wochenende hatte es der ukrainische Präsident Petro Poroschenko abgelehnt, die Vereinbarungen von Minsk zu erfüllen, solange gewisse Sicherheitsbedürfnisse der Ukraine nicht befriedigt seien.

Solange der Waffenstillstand nicht vollständig eingehalten werde, die ukrainisch-russische Grenze nicht unter der Kontrolle der OSZE stünde und anschließend der Ukraine übergeben werde sowie eine Entflechtung von schwerer Artillerie nicht umgesetzt sei, werde sich die Ukraine im politischen Prozess nicht bewegen.

Wahlen im Donbass gefordert

Zuvor hatte Frankreichs Präsident François Hollande vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Kommunalwahlen im Donbass gefordert.

In der vergangenen Woche hatte Russlands Botschafter in Frankreich, Alexander Orlow, von einer Einladung Angela Merkels an die im Normandie-Format eingebundenen Länder für den 19. Oktober nach Berlin berichtet. Ob es zu diesem Treffen kommt, ist jedoch fraglich.

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