Ausbildungsmesse für Geflüchtete: Vom Flüchtling zum Lehrling

Zur Ausbildungsmesse in Kreuzberg kommen über 1.700 Interessierte und 53 Unternehmen. Mitgebracht haben sie 245 Lehrstellen.

Ein junger Mann sitzt mit zwei Vertretern einer Frima am Tisch

Hat er schon einen Ausbildungsplatz an der Angel? Foto: dpa

Es herrscht Gedränge im Gang des Berufsinformationszentrums in Friedrichshain-Kreuzberg, Unterhaltungen in vielen Sprachen rauschen durch den Gang. Es ist kaum ein Durchkommen. Hamid Gholiezadeh und sein Freund sind auch da. Der 17-jährige Afghane kam vor 15 Monaten nach Berlin. Ohne Familie, die blieb im Iran zurück. Jetzt lebt er in einer WG in Friedrichshain und hat in einer Willkommensklasse schon gut Deutsch gelernt. In der Schule war er nie, „da war schon Krieg“.

Am Donnerstag fand zum zweiten Mal die Messe „Refugees – Willkommen in der Ausbildung“ statt. Auf Einladung des Bildungswerks in Kreuzberg, der Arbeitsagentur und des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg kamen 53 Unternehmen mit 245 Ausbildungsplätzen im Gepäck. An den Informationsständen zu den verschiedenen Ausbildungsberufen scharten sich bereits in der ersten Stunde über 1.000 Interessierte, hoffnungsvoll, auf der Suche nach einer beruflichen Perspektive.

„Wir sind eine offene, tolerante Stadt“, sagt Alexander Fischer, Staatssekretär der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, bei der Eröffnung. „Wir brauchen diese geflüchteten Menschen auf dem Arbeitsmarkt.“ Der Einstieg aber ist nicht leicht. Geflüchtete müssen dieselben Voraussetzungen erfüllen wie jede*r deutsche Bewerber*in auch, die meisten Unternehmen fordern gute Deutschkenntnisse und einen mittleren Schulabschluss.

Hamid hatte Glück. Sein Vormund hat den Kontakt zu KAUSA, einer Servicestelle für die Koordination von Ausbildung und Migration, hergestellt. Mit deren Unterstützung hat er eine Lehrstelle gefunden, auch ohne Schulabschluss. Dafür musste er Abstriche machen. „Ich wollte Erzieher werden, da brauche ich Abitur.“ Weil er das nicht hat, wird er nun Maurer bei einer Baufirma in Kaulsdorf Nord. „Ich mache diese Ausbildung und danach Abitur“, sagt er optimistisch.

Ausbildung ohne Schulabschluss?

Sein Freund will auch einen Ausbildungsplatz. Doch weil er ebenfalls keinen Schulabschluss hat, nimmt er zwar viele Flyer mit nach Hause, aber kein konkretes Angebot. „Das tut mir leid“, sagt die Dame von Deta-Med Hauskrankenpflege, die händeringend Azubis für Altenpflege sucht. Sie empfiehlt dem Freund, neben dem Deutschkurs in der Abendschule einen Abschluss zu machen. Oder einen Schnellkurs zum Pflegehelfer und den Führerschein. „Und dann kommen Sie gerne wieder“, sagt sie und reicht strahlend ihre Visitenkarte.

Es gibt aber auch Firmen, denen Vorerfahrung, „ernsthaftes Interesse“ und ein Praktikum reichen. Die ABEX Stahlbau-, Rohrbiege GmbH hat damit gute Erfahrung gemacht, sagt Simon Heinemann, Assistent der Geschäftsführung. „Wir haben zwei Geflüchtete eingestellt und sind sehr zufrieden.“

Hamid unterschreibt bald seinen Ausbildungsvertrag. Ein Garant für ein Leben in Deutschland ist das nicht, weiß er – denn gerade Afghanen werden manchmal auch abgeschoben, wenn sie Arbeit oder Ausbildung haben. „Man hat Angst, aber man will nicht an die Situation denken. Ich mache immer weiter.“

(Der Text wurde am 13.06.2017 geändert. Hamid hat nicht nur mit Hilfe seines Vormunds, sondern auch mit der KAUSA Servicestelle seinen Ausbildungsplatz gefunden.)

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