Ausnahmezustand in Frankreich: Weitere sechs Monate

Seit den Anschlägen im November gilt in Frankreich der Ausnahmezustand. Er ermöglicht Ausgangssperren und Wohnungsdurchsuchungen.

Ein Sommertag: Vor dem Eiffelturm in Paris planschen Menschen im Wasser oder halten ihre Füße hinein

In Zeiten des Ausnahmezustands: Kann die französische Liberté trotzdem gelebt werden? Foto: dpa

PARIS afp | Fünf Tage nach dem Anschlag von Nizza hat die französische Nationalversammlung den Ausnahmezustand um ein halbes Jahr verlängert. Eine parteiübergreifende Mehrheit von 489 Abgeordneten stimmte der Vorlage in der Nacht zu Mittwoch in Paris zu. Es gab 26 Gegenstimmen. Mit der Verlängerung um gleich sechs Monate hatte die sozialistische Regierung einen Vorschlag der oppositionellen Konservativen aufgegriffen. Ursprünglich waren nur drei Monate vorgesehen.

Premierminister Manuel Valls hatte die Abgeordneten vor der Abstimmung in einer Rede auf die Wahrscheinlichkeit weiterer Anschläge eingeschworen: „Es ist hart, dies zu sagen, aber es ist meine Pflicht: Es wird weitere Anschläge geben, und es werden weitere unschuldige Menschen getötet werden“, sagte Valls. „Wir dürfen uns an diese Bedrohung nicht gewöhnen, aber wir müssen lernen, mit ihr zu leben.“

Die Zustimmung des Senats zu den Plänen stand noch aus. Die Parlamentskammer will sich am Mittwoch damit befassen. Dort gibt es Bestrebungen der Konservativen, die Vorlage zu verschärfen.

Die sozialistische Regierung hatte in Reaktion auf den Anschlag von Nizza zunächst eine Verlängerung der Notbestimmungen nur bis Ende Oktober geplant; eine entsprechende Vorlage hatte das Kabinett beschlossen. Die Regierung ging dann aber auf den Vorschlag der konservativen Republikaner des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy ein, den Ausnahmezustand um sechs Monate zu verlängern. Er soll nun bis Ende Januar 2017 gelten. Einige Abgeordnete aus Sarkozys Partei hatten eine Ausdehnung um ein ganzes Jahr gefordert.

Der Ausnahmezustand war nach den Anschlägen von Paris im November 2015 mit 130 Toten verhängt und bereits drei Mal verlängert worden. Er ermöglicht unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss auch in der Nacht und Hausarrest für Menschen, die als Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung angesehen werden.

Minister Jean-Marie Le Guen

„Wir können Menschen nicht einfach auf Grundlage eines Verdachts, oder eines Verdachts auf einen Verdacht, einsperren.“

Die Debatte in der Nationalversammlung hatte am späten Dienstagnachmittag begonnen, zog sich über mehr als sieben Stunden bis in die Nacht hin. Die Konservativen warfen der Regierung einen zu laxen Umgang mit der Terrorgefahr vor. Die Nummer zwei aus Sarkozys Partei, Laurent Wauquiez, sagte, „anstelle von Schweigeminuten“ seien nun konkrete Taten „gegen die Barbarei des radikalen Islamismus“ nötig.

Sarkozy hatte gefordert, Menschen bereits beim Verdacht auf Radikalisierung unter behördliche Aufsicht zu stellen. Der Minister für Parlamentsangelegenheiten, Jean-Marie Le Guen, wies den Vorschlag in der Nationalversammlung zurück. „Wir können Menschen nicht einfach auf Grundlage eines Verdachts, oder eines Verdachts auf einen Verdacht, einsperren.“

Premierminister Valls bezeichnete die Kritik der Opposition als „beschämend“. Die Demokraten müssten nun angesichts der Herausforderungen durch den Extremismus Geschlossenheit zeigen, sagte er.

Der Nizza-Attentäter stammte aus Tunesien und hatte seinen Wohnsitz in der südfranzösischen Stadt. Er war während der Feiern zum französischen Nationalfeiertag am Donnerstagabend mit einem Lastwagen in die Menge gerast und tötete dabei 84 Menschen.

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