Aussprache in der SPD-Fraktion: Saleh auf Bewährung

Sechs Stunden lang trafen sich die 38 Abgeordneten der SPD zum Krisentreffen. Im Mittelpunkt stand die Kritik an Fraktionschef Raed Saleh, Beschlossen wurde nichts.

Konzentriert oder zerknirscht? Danach musste die Fotografen raus Foto: dpa

Zwei Stunden waren geplant oder auch drei, am Ende waren es sechs. So lange dauerte die Aussprache, zu der sich die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zusammengefunden hat. Wichtigstes Thema war die Kritik von 14 Abgeordneten in einem Brief an Fraktionschef Raed Saleh. Zu wenig Unterstützung für den Senat, zu wenig inhaltliche Debatte, zu viel Egotrip. Saleh, hieß es, sei mehr auf Lesereise mit seinem Buch „Ich deutsch“, als sich um seine Geschäfte in der Fraktion zu kümmern.

Um es gleich vorwegzunehmen: Konkrete Ergebnisse hat die Aussprache der 38 Abgeordneten nicht gebracht. Nach übereinstimmenden Aussagen wurde weder der Rücktritt von Fraktionschef Saleh noch des Parlamentarischen Geschäftsführers und Saleh-Vertrauten Torsten Schneider gefordert.

Auch eine Doppelspitze, wie sie die Grünen haben, stand nicht zur Debatte. Genauso wenig ein Mediator, wie ihn die Grünen nach der Wahl 2011 gebraucht haben, um eine Spaltung der Fraktion in Realos und Fundis zu verhindern.

Das Einzige, worauf sich die Abgeordneten – Mitarbeiter und andere Nichtfrak­tionsmitglieder waren bei der Aussprache nicht zugelassen – am Ende einigen konnten, war ein sogenannter strukturierter Prozess, der bei der Fraktionsklausur im Januar dann ausgewertet werden soll.

Anstrengend, aber nicht verletzend

Ülker Radziwill, die nicht zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Saleh-Kritik gehört, sagte am Mittwoch der taz, dass es eine „anstrengende, aber nicht verletzende Aussprache“ gewesen sei. Ähnlich äußerte sich der Abgeordnete Frank Zimmermann, der den Brief unterschrieben hatte. Zimmermann betonte aber auch, dass es über den Kreis der Unterzeichner hinaus Kritik an der Fraktionsführung gegeben habe. „Einmütig wurde eine Reihe von Kritikpunkten genannt, von denen wir wissen, dass wir sie behandeln müssen.“

Tatsächlich ist die Lage wohl unübersichtlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Zu denen, die die Kritik an Saleh öffentlich vertraten, kommen auch noch die, die sie inhaltlich, zumindest in einigen Punkten, teilen, es aber falsch finden, sie in Form eines offenen Briefes zu äußern. Auf der anderen Seite aber haben auch die Saleh-Kritiker keine Mehrheit in der Fraktion. Beide Lager sind also gezwungen, weiter zusammenzuarbeiten.

Dennoch kann Saleh nun nicht mehr, wie noch im Januar, von sich behaupten, er habe eine Mehrheit von 80 Prozent. Zu groß ist der Vertrauensverlust. Mal sehen, in welche Richtung das Pendel bis Januar ausschlägt.

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