Auswirkungen der Panama Papers: Wahlweise Empörung oder Ausreden

Mossack Fonseca reicht Anzeige gegen unbekannte Hacker ein. Fifa-Chef Infantino und der ukrainische Präsident wehren sich gegen die Vorwürfe.

Infantino sitz mit ernstem Gesichtsausdruck vor einem Mikrofon, im Hintergrund UEFA-Logo

Wusste von nix: Fifa-Chef Gianni Infantino. Foto: dpa

PANAMA-STADT/PARIS/MÜNCHEN/TOKYO afp/dpa/rtr | Panama hat die Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Zusammenhang mit den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen als „unfair und diskriminierend“ zurückgewiesen. In einem Brief an OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría schreibt der Vizeaußenminister Panamas, Luis Miguel Hincapié, die „Unrichtigkeit“ der Vorwürfe Gurrías sei „leicht“ zu beweisen. Unterdessen erstattete die Finanzkanzlei Mossack Fonseca Anzeige, weil ihre Datenbank gehackt worden sei.

Gurría hatte am Montag erklärt, Panama sei „die letzte große Bastion“ für Steuerflüchtlinge, Diese Äußerung nannte Hincapié in seinem Brief „bedauerlich“. Er verwies darauf, dass die Unternehmensgesetze in Panama nicht „grundsätzlich anders“ seien als in anderen Ländern. Zudem befinde sich die Hälfte der Briefkastenfirmen auf den Britischen Jungfraueninseln, die britischer Rechtsprechung unterlägen.

Am Dienstag legte Gurría nach einem Treffen mit den Vorsitzenden internationaler Wirtschafts- und Finanzorganisationen in Berlin, an dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm, noch einmal nach und sagte, der Skandal biete die Möglichkeit, „Druck auszuüben auf Panama, damit sich Panama den anderen Staaten der Welt anschließt und auf dem Weg der Transparenz Fortschritte macht“.

Das mittelamerikanische Land hinke im internationalen Vergleich „sehr weit hinterher“, sagte der OECD-Generalsekretär. Unter anderem weigere sich Panama, dem automatischen Informationsaustausch beizutreten, an dem sich im kommenden Jahr mehr als 90 Länder beteiligen wollen.

Ein weltweites Netzwerk von Journalisten hatte in den vergangenen Monaten einen umfangreichen Datensatz über Briefkastenfirmen ausgewertet, die über die in Panama-Stadt ansässige Finanzkanzlei Mossack Fonseca laufen. Die Enthüllungen riefen weltweit Steuerfahnder auf den Plan. Offshore-Geschäfte sind nicht per se illegal – es sei denn, Briefkastenfirmen werden genutzt, um Steuern zu hinterziehen oder Geld aus verbrecherischen Aktivitäten zu waschen.

Hacker seien von ausländischen Servern aus in ihre Datenbanken eingedrungen, teilte die Kanzlei Mossack Fonseca am Dienstag mit. Deswegen habe sie am Montag Anzeige erstattet. Das Hacking sei „das einzige Verbrechen“, das hier verübt worden sei, und darüber spreche niemand, beklagte Mitgründer Ramon Fonseca.

Panama zurück auf Schwarze Liste

Nach der Veröffentlichung der Panama Papers will Frankreich den mittelamerikanischen Staat wieder auf die Schwarzen Liste der Steuerparadiese setzen. Panama habe versucht glauben zu machen, wichtige internationale Prinzipien beachten zu können, kritisierte Finanzminister Michel Sapin am Dienstagabend in der Nationalversammlung. Deswegen sei es 2012 von der Liste genommen worden.

Nach den Berichten zu Offshore-Gesellschaften und Briefkastenfirmen will Frankreich laut Sapin Panama nun wieder zu den im Finanzbereich nicht kooperativen Ländern zählen. Dies soll in den kommenden Tagen vollzogen werden. Er hoffe, dass sich die in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammengeschlossenen Länder diesem Schritt anschlössen, ergänzte Sapin am Mittwoch im Sender Europe 1. Dann müssen Unternehmen künftig bei Transaktionen ohne wirtschaftliche Basis mit Sanktionen rechnen.

Fifa-Chef Infantino in Erklärungsnot

Durch die Enthüllungen rund um die „Panama Papers“ gerät einem Zeitungsbericht zufolge auch Fifa-Chef Gianni Infantino in Erklärungsnot. Wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Mittwochsausgabe berichtet, geht es um Infantinos Zeit beim europäischen Fußballverband Uefa. Damals soll er in dubiose Geschäfte mit einer Briefkastenfirma verstrickt gewesen sein. Infantino wurde Ende Februar als Fifa-Präsident gewählt.

Der SZ zufolge zeichnete Infantino als Direktor der Uefa-Rechtsabteilung Verträge mit einer Briefkastenfirma, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im Fifa-Skandal waren. Die beiden südamerikanischen TV-Rechtehändler erwarben demnach durch diese Verträge TV-Rechte für die Champions League und verkauften diese mit hohem Gewinn in Lateinamerika weiter.

Der Zeitung zufolge erklärten Fifa-Sprecher dazu, dass Infantino „persönlich“ in seiner Zeit bei der Uefa mit den beiden TV-Rechtehändlern und deren Firma weder „geschäftlich“ noch „wissentlich anderweitig zu tun gehabt“ habe. Auch die Uefa erklärte zunächst, es gebe keine Verbindung, räumte vor wenigen Tagen jedoch ein, dass der fragliche Vertrag Infantinos Unterschrift trage.

Ein weltweites Netzwerk von Journalisten hatte in den vergangenen Monaten einen umfangreichen Datensatz über Briefkastenfirmen ausgewertet, die über die in Panama-Stadt ansässige Finanzkanzlei Mossack Fonseca laufen. Die Enthüllungen riefen weltweit Steuerfahnder auf den Plan.

Poroschenko verteidigt sich

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat den Verdacht zurückgewiesen, er habe über eine Briefkastenfirma in Panama Vermögen vor dem Fiskus versteckt. Poroschenko sagte am Mittwoch in Tokio, er habe die Gesellschaft in der Steueroase aufgesetzt, um seine geschäftlichen von seinen politischen Interessen zu trennen, nachdem er ins Präsidentenamt gewählt worden sei. Die Transaktion sei transparent gewesen. Die Steuerbehörde des Landes hatte am Vortag angekündigt, den Vorgang zu prüfen.

Auslöser sind die sogenannten Panama Papers, die am Wochenende von der Süddeutschen Zeitung und einem internationalen Journalistennetzwerk aufgedeckt worden waren. In den elf Millionen Dokumenten über Briefkastenfirmen, die eine Anwaltskanzlei in Panama binnen 40 Jahren für Mandaten auf der ganzen Welt eingerichtet hatte, taucht auch Poroschenko auf.

Der ukrainische Staatspräsident ist einer der reichsten Männer der Ukraine. Er hat sein Vermögen unter anderem mit Schokolade gemacht. Die mit dem Verkauf seines Roshen-Konzerns beauftragte Anwalts-Kanzlei hatte bereits am Montag erklärte, von Poroschenko seien keine Steuern hinterzogen worden.

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