Auszahlung von Geld für Arbeitslose: Notgroschen an der Supermarktkasse

Die Bundesagentur für Arbeit lagert die Bargeldauszahlung an den Einzelhandel aus. Geld gibt es küftig nur noch bei Rewe, Rossmann und Co.

Eine Kasse mit Bargeld gefüllt

Statt im Jobcenter soll es Bargeldzahlungen für Leistungsbezieher künftig im Supermarkt geben Foto: dpa

BERLIN taz | Ausgerechnet an einem Freitag geht die Waschmaschine kaputt – Ersatz muss her und das möglichst schnell. Was für die meisten Menschen höchstens ein Ärgernis wäre, kann für Arbeitslose schnell ein gefährliches Szenario werden. Menschen, über deren Antrag auf Arbeitslosengeld noch nicht beschieden wurde oder die in einer Notsituation über kein Vermögen verfügen, geraten schnell in (Bar)Geldnot.

Deshalb unterhalten Jobcenter und Arbeitsagenturen bundesweit 309 Auszahlungsautomaten, um Leistungsberechtigte im Zweifel schnell mit Bargeld für kurzfristige Anschaffungen versorgen zu können. Noch.

Denn die Bundesagentur für Arbeit (BA) will die Barauszahlung an den eigenen Standorten abschaffen. Stattdessen sollen Leistungsbezieher künftig in Supermärkten und Drogerien Geld erhalten. Ab Ende 2018 laufen die Wartungsverträge der bisherigen Barausauszahlungsautomaten aus. Diese seien dann nicht mehr nutzbar, sagte eine BA-Sprecherin der taz. Deshalb habe man nach Alternativen suchen müssen.

Die Lösung über Zahlscheine sei deutlich günstiger als das bisherige Verfahren mit wartungsintensiven Automaten, bei denen jede Transaktion acht Euro koste, so die Arbeitsagentur. Deshalb habe man sich bei den Planungen gegen einen Einsatz von neueren Barauszahlungsautomaten entschieden.

Geld gegen Barcode

Das neue System funktioniert wie folgt: Arbeitslose erhalten ein Din-A4-großes Dokument auf dem ein Barcode und der Auszahlungsbetrag vermerkt sind. Mit diesem Dokument können Betroffene sich den Betrag in etwas 8.500 Einzelhandelsfilialen auszahlen lassen. Dazu gehört die Supermarktkette Rewe und die Drogerien dm und Rossmann. Neben dem eher hochpreisigen Rewe-Märkten ist als einziger Discount-Supermarkt Penny dabei.

Als Zahlungdienstleister wird das Berliner Unternehmen Cash Payment Solutions mit der Marke „Barzahlen“ fungieren. Das Unternehmen bietet bereits jetzt Auszahlungen und die Barbegleichung von Online-Rechnungen an der Supermarktkasse an.

Die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit könnte für das Unternehmen lukrativ sein. Etwa 400.000 Auszahlungen mit einem Gesamtvolumen von circa 120 Millionen Euro gab es im vergangenen Jahr. Wie lukrativ genau, ist nicht zu erfahren. Weder die Bundesagentur für Arbeit noch Cash Payment Solutions wollte sich zu Einzelheiten der Zusammenarbeit äußern. Die Gebühren seien jedoch nicht volumenabhängig, teilte das Unternehmen mit.

Einführung schon im Frühjahr

Kritik an dem neuen System kommt von den Linken. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann sagte der taz: „Eine Behörde darf öffentliche Aufgaben nicht ausgliedern, sondern muss dafür sorgen, dass sie ihren Aufgaben selbst nachkommt.“ Die Betroffenen müssten sich den Barcode vom Amt auch erst einmal holen. Weiterhin gebe es datenschutzrechtliche Bedenken.

Eine Auszahlung von Leistungen an der Supermarktkasse dürfe nur ein ergänzendes Angebot sein, so Zimmermann. Diskretion sei ebenfalls nicht gewährleistet. „Auch mit einem anonymen Barcode in der Hand sehen die anderen Kunden bei der Auszahlung, dass ich mich in einer Notsituation befinde.“

Dem entgegnet Cash Payment Solutions, dass der Zahlschein genauso aussehe wie jene, die zum Beispiel für die Auszahlungen von Bargeld vom Girokonto genutzt würden.

Die Bundesagentur für Arbeit will das neue System ab dem kommenden Frühjahr testen und bis Ende 2018 flächendeckend einführen.

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