Autonomiebehörde in Ramallah: In der Pleite drohen Unruhen

Der Internationale Währungsfonds verweigert einen Kredit, den Israel für die Palästinenser beantragt hat. Damit können die Gehälter nicht mehr bezahlt werden.

Gut ausgebildete Polizisten gibt es zuhauf. Aber wenn sie kein Gehalt mehr bekommen, werden sie den Dienst quittieren müssen. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Die Kassen der palästinensischen Führung in Ramallah sind leer. Schon im Juli kann die Autonomiebehörde (PA) nach Angaben von Finanzminister Salam Fajad weder die Gehälter bezahlen noch die Schuldentilgung an private Unternehmen fortsetzen. 1 Milliarde Dollar fehlen dem Fiskus für das laufende Haushaltsjahr.

Um der Misere entgegenzuwirken, ließ sich sogar Israel rekrutieren und beantragte vor dem Internationalen Währungsfond (IWF) anstelle der PA einen Überbrückungskredit. Kreditanträge beim IWF können nur von anerkannten Staaten gestellt werden. Der Antrag wurde trotzdem abgelehnt.

Angesichts der politischen Eiszeit kam die israelisch-palästinensische Zusammenarbeit offenbar aufgrund des privaten Kontakts zwischen Fajad und dem Gouverneur der israelischen Zentralbank, Stanley Fisher, zustande.

Die beiden waren zunächst bei der Weltbank und später beim Internationalen Währungsfonds Kollegen. Nach Informationen der Tageszeitung Ha’aretz, bat Fajad Fisher bereits im April darum, im Namen der Palästinenser den Kredit zu beantragen.

Israel ist an einer Stabilität des palästinensischen Nachbarn interessiert. Wenn die Gehälter ausbleiben, ist es eine Frage der Zeit, bis sich Volkes Unmut gegen die eigene Führung und gegen die Besatzungstruppen Luft macht.

Hauptgrund für die aktuelle Flaute in der öffentlichen Kasse sind die fehlenden finanziellen Zuwendungen der arabischen Staaten. „Es mangelt an einer ausreichenden Verpflichtung aufseiten der arabischen Staaten“, kommentierte Ghassan Khatib, Chef des palästinensischen Medienzentrums, auf Anfrage.

Ein Konto zuviel

Die arabischen Geberstaaten kritisierten die Palästinenser für die politische Zweigeteiltheit der Hamas im Gazastreifen und der Fatah im Westjordanland. „Sie wollen nur ein palästinensisches Konto, nicht zwei und nur ein öffentliches Budget“, erklärt Khatib, der indes auch in den USA und Europa eine „gewisse Spendermüdigkeit“ erkennt.

Infolge der Zahlungsschwierigkeiten weigerten sich nun palästinensische Banken, ihre Kredite an die Regierung auszuweiten. Die PA hat in der Vergangenheit immer wieder finanzielle Engpässe überbrücken müssen. Nicht zum ersten Mal werden Gehälter nur zum Teil oder überhaupt nicht ausgezahlt.

Einem Bericht des Jerusalemer Medien- und Kommunikationszentrums (JMCC) zufolge handelt es sich diesmal jedoch um die bislang „schlimmste Finanzkrise der Autonomiebehörde“.

Präzedenzfall vermeiden

Dass der Internationale Währungsfonds ungeachtet der Dringlichkeit den Antrag auf einen Überbrückungskredit verweigerte, liege daran, keinen Präzedenzfall schaffen zu wollen, wie JMCC berichtet. Zudem sprenge die Summe, wie Ha’aretz schreibt, die üblichen Kriterien für einen Kredit.

Der Großteil der Gehälter für die insgesamt 135.000 PA-Bediensten werden aus den Steuer- und Zolleinnahmen getragen. Israel überweist monatlich gut 107 Millionen Dollar Steuer- und Zolleinnahmen an die Führung in Ramallah, was laut Khatib „rund 60 Prozent der Kosten deckt“.

Den Rest finanzierte die PA aus internationalen Spendengeldern. Allein 38 Prozent des gesamten öffentlichen Haushalts, der im Jahr 2012 bei 3,6 Milliarden Dollar liegt, verschlingt der voluminöse Sicherheitsapparat.

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