Baden-Württemberg und der Freihandel: Kretschmanns „Jain“ bei Ceta

Im Wahlkampf haben die Grünen einen Stopp des Abkommens mit Kanada versprochen. Doch auch ihre Zustimmung ist möglich.

Winfried Kretschmann und Thomas Strobel laufen an Ceta-Gegner_innen vorbei

Sieht zielstrebig aus, wird bei CETA allerdings ziemlich wackelig: die Haltung von Kretschmann Foto: dpa

BERLIN taz | Im Wahlkampf war die Position der baden-württembergischen Grünen zu Ceta, dem umstrittenen Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, noch eindeutig: „Nach heutigem Kenntnisstand lehnen wir Grüne Ceta ab“, heißt es darin. Und gegenüber dem Umweltverband BUND und dem Aktionsbündnis Campact gab die Partei ein unmissverständliches Versprechen ab: „Ja“ lautete die Antwort auf die Frage, ob die Partei dafür sorgen werde, dass Baden-Württemberg Ceta im Bundesrat ablehnt, „sofern dies Sonderklagerechte für ausländische Investoren enthält“.

Damit müsste eigentlich klar sein, dass Baden-Württemberg Ceta stoppt. Der Text von Ceta ist fertig verhandelt und seit Monaten öffentlich. Und er räumt ausländischen Investoren in einem eigenen Kapitel die umstrittenen Sonderklagerechte ein, die die Grünen im Wahlkampf ausgeschlossen haben.

Doch wer vermutet, dass der grün-schwarze Koalitionsvertrag darum eine Absage an Ceta enthält, wird enttäuscht. Das Kapitel zu internationalen Handelsverträgen beginnt mit der Feststellung, dass diese „Chancen“ bergen, „aber auch Risiken“. Die Zustimmung will die Regierung „von der Einhaltung unserer für die EU vereinbarten Standards […] abhängig machen“. Aufgezählt wird dabei neben Verbraucherschutz und Umweltschutz unter anderem die „öffentliche Gerichtsbarkeit bei Investor-Staats-Klagen“.

Diese Formulierung unterscheidet sich deutlich von den Äußerungen im Wahlkampf, als die Grünen jegliche Sonderklagerechte für Konzerne ablehnten. Und sie ist perfekt auf den vorliegenden Ceta-Vertragstext abgestimmt: Denn anders als zunächst geplant sollen Investoren im Rahmen von Ceta nicht vor geheim tagenden Privatgerichten klagen, sondern vor einem neu geschaffenen Gericht mit öffentlichen Anhörungen. Für Thomas Fritz, der im Auftrag diverser Organisationen Studien zu Ceta erstellt hat, ist der Sinn dieser Formulierung klar: „Damit öffnet Grün-Schwarz eine Hintertür für die Zustimmung zu Ceta im Bundesrat“, meint er.

Grünen-Aussage, vor der Wahl

„Nach heutigem Kenntnisstand lehnen wir Ceta ab“

Das weisen die baden-württembergischen Grünen zurück. „Es ist ein Verhandlungserfolg der Grünen, dass der Koalitionsvertrag klare rote Linien enthält“, sagte der Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand der taz. Dass darin noch keine Ablehnung von Ceta festgeschrieben wird, stört ihn nicht. „Ich finde es nachvollziehbar, dass man sich erst dann damit auseinandersetzt, wenn die Entscheidung tatsächlich ansteht.“ Die Partei werde „auf die Landesregierung einwirken, Ceta im Bundesrat abzulehnen“.

Dass Druck von außen notwendig sein wird, meint auch der Grünen-Europaabgeordnete und Wirtschaftsexperte Sven Giegold. „Der Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg enthält zwar starke Kriterien“, sagte er der taz. „Aber ohne Druck wird eine Verletzung dieser Kriterien nicht reichen, um Ceta im Bundesrat zu stoppen.“ Darauf wollen die Aktivisten von Campact nicht warten. „Kretschmann darf sich nicht länger wegducken, sondern muss jetzt der EU-Kommission klar machen, dass er Ceta nicht zustimmen wird“, sagte Geschäftsführer Christoph Bautz.

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