Bankenkrise in Europa: Die Reykjavík-Nikosia-Connection

Ist Island das Vorbild für die Rettung Zyperns? Es gibt viele Parallelen. In Island klagt die Staatsanwaltschaft nun gegen 15 Bankenbosse.

Warten auf den Rettungsplan. Demonstrantin vor dem Parlament in Nikosia. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Die isländische Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen 15 leitende Bankmanager wegen Vorgängen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Banken Kaupthing und Landsbanki im Herbst 2008 erhoben. Es handelt sich um eine der weltweit bislang umfassendsten Anklagen infolge der Finanzkrise. Sechs Exmanager von Landsbanki und neun von Kaupthing sind betroffen, darunter ehemaligen Konzernchefs und Aufsichtsratsvorsitzende.

Vorwurf der Justiz: betrügerische Manipulationen und Untreue. Die Aktienkurse der Banken sollen durch den Kauf eigener Aktien, durch wechselseitigen Aktientausch oder den Kauf über Strohmänner, denen das Kapital dazu von den Geldinstituten selbst geliehen wurde, manipuliert worden sein. Dadurch sollte eine Nachfrage suggeriert und der Kurs künstlich hochgehalten werden, um den Markt über die wahre Situation der Banken zu täuschen.

Die Manipulationen begannen laut der isländischen Finanzaufsicht bereits drei Jahre vor dem Crash der Banken. Die letzten krummen Deals sollen am 5. Oktober 2008 getätigt worden sein, drei Tage bevor Reykjavík zur Verstaatlichung der insolventen Banken gezwungen war. Mit den Transaktionen wurden laut Staatsanwaltschaft Gläubiger, Investoren, Sparer und Regierung betrogen.

Die Geschäfte hätten zum endgültigen Zusammenbruch der Banken beigetragen. Den Angeklagten droht bis zu sechs Jahren Haft. Islands Justiz setzt mit den Anklagen die Aufräumarbeiten nach dem Crash fort – auch der Exregierungschef saß schon auf der Anklagebank, wurde aber vor einem Jahr freigesprochen.

In Islands war's noch schlimmer

Die Situation im Eurokrisenland Zypern ist durchaus mit der in Island 2008 vergleichbar. Der isländische Finanzsektor war damals mit dem Zehnfachen des Bruttosozialprodukts relativ gesehen noch stärker aufgebläht als der der Mittelmeerinsel. Anleger waren durch hohe Zinsen und großzügige Finanzgesetze angelockt worden – auch solche aus Russland; den Verdacht auf Geldwäsche gab es auch damals.

Zeitweise verhandelte auch Reykjavík – wie bis Freitag Nikosia – mit Moskau über Finanzhilfen, um den Kollaps abzuwenden. Doch die Regierung ließ die Banken pleitegehen. Vor allem angesichts einer Bevölkerung, die auf der Straße und per Stimmzettel die Belastung der Steuerzahler mit Bankschulden strikt ablehnte, wurden Kleinanleger schließlich über die Einlagensicherung entschädigt. Kapitalanleger, Eigentümer und Aktionäre erlitten teilweise herbe Verluste.

Der Gerichtshof des Europäischen Freihandelsabkommens (Efta) stellte Ende Januar fest, dass Island korrekt handelte, als es über die Kapazität der gesetzlichen Einlagensicherung hinaus Forderungen gegenüber der Staatskasse aus den Bankenpleiten ablehnte. Begründung der Efta-Richter: Die EU-Bankenrichtlinien gäben nichts für weitergehende Verpflichtungen der Staaten her.

Islands Wirtschaft hat sich wesentlich schneller vom Crash erholt, als 2008 befürchtet worden war. Derzeit erzielen die Insulaner die höchsten Wachstumsraten in Europa. Das Land refinanziert sich an den Finanzmärkten mittlerweile sogar billiger als Italien oder Spanien. Die Geschichte Islands als Finanzzentrum mit international tätigen Banken gehört allerdings der Vergangenheit an.

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