Barrosos Kontakte in die Wirtschaft: Mit Dank für gute Zusammenarbeit

Die US-Investmentbank Goldman Sachs stand mit dem ehemaligen Chef der EU-Kommission anscheinend schon während seiner Amtszeit in engem Kontakt.

José Manuel Barroso vor dem EU-Logo

Wurde von seinem Nachfolger als „Lobbyist“ eingestuft: José Manuel Barroso Foto: reuters

BRÜSSEL taz Der Skandal um den früheren EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso weitet sich aus. Barroso habe bereits während seiner Amtszeit 2004 bis 2014 engen Kontakt mit der US-Investmentbank Goldman Sachs gepflegt, berichtet die portugiesische Zeitung Público. Dabei soll Barroso auch „vertrauliche Vorschläge“ zu geplanten EU-Gesetzen entgegengenommen haben. In einer Mail aus dem Jahr 2013 soll Goldman-Chef Lloyd Blankfein dem Portugiesen sogar ausdrücklich für die „fruchtbare Zusammenarbeit“ gedankt haben.

Barroso steht seit Kurzem auf der Payroll von Goldman Sachs – als Lobbyist in London. Dass er nach seinem Ausscheiden aus der EU-Kommission zu einer US-Bank wechselte und die Amerikaner nun zum Brexit beraten will, hat für erheblichen Wirbel in Brüssel gesorgt. Mehrere Dutzend Mitarbeiter der EU-Kommission unterzeichneten eine Petition und fordern, ein Exempel an ihrem früheren Behördenchef zu statuieren.

Doch Jean-Claude Juncker, Barrosos Nachfolger, tut sich schwer. Mehrere Wochen reagierte er gar nicht auf die Aktivitäten seines Amtsvorgängers. Als der öffentliche Druck wuchs, stufte er Barroso schließlich zum simplen Lobbyisten herunter und entzog ihm das Besuchsrecht in der EU-Kommission. Auf die neuen Enthüllungen wollte Junckers Sprecher am Montag nicht reagieren. Er betonte, Juncker habe gleich nach seinem Antritt neue Transparenzregeln eingeführt – mit einer weitgehenden Offenlegung von Lobbykontakten.

Allerdings geht es längst nicht mehr nur um Lobbytransparenz. Sollte der Bericht von Público stimmen, stellt sich vielmehr die Frage, ob und gegebenenfalls wie Goldman Sachs Einfluss auf die EU-Gesetzgebung nehmen konnte. Barroso war schon in Brüssel, als die Finanzkrise in den USA begann und die EU ihre Regulierung massiv nachbessern musste.

Angesichts der Danksagung des Goldman-Chefs liegt die Vermutung nahe, dass die US-Banker bei Barroso ein offenes Ohr fanden. Barroso dementierte den Bericht. Er sei während der Krise mit allen großem Banken in Kontakt gewesen, um die „starke Botschaft der EU-Kommission“ zu übermitteln.

Goldman Sachs war vor und während der Finanzkrise besonders stark in das später in Verruf geratene „Subprime“-Geschäft verstrickt. Die US-Bank half zudem Griechenland, die Höhe seiner Staatsschuld zu verschleiern. Dennoch ist die EU nie gegen die Verantwortlichen in New York vorgegangen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.