Bauprojekt Möckernkiez: Genossenschaft sucht Zocker

Die Gelder für das Bauprojekt Möckernkiez fließen erst, wenn für fast alle Wohnungen Mieter gefunden wurden, die einen Teil der Baukosten selbst vorstrecken.

In der Schwebe: Am Rand des Gleisdreieckpark soll eigentlich ein barrierefreies Ökoviertel mit 464 Wohnungen entstehen. Foto: dpa

Einen Kredit haben die Leute vom Bauprojekt Möckernkiez nach wie vor nicht sicher. Trotzdem sucht die Kreuzberger Genossenschaft jetzt nach neuen MitstreiterInnen. Die beteiligten Banken sind nach Angaben des Vorstands zwar bereit, der Genossenschaft das nötige Geld zu leihen. Es soll aber erst ausgezahlt werden, wenn für 95 Prozent aller zukünftigen Wohnungen im Bauprojekt Mieter gefunden wurden. Das ist auch eine finanzielle Frage: Die Mieter müssen einen Teil der Baukosten selbst vorstrecken. Wer etwa später eine 100-Quadratmeterwohnung beziehen möchte, muss vorab 92.000 Euro überweisen.

Der Möckernkiez am Gleisdreieckpark war als Gegenmodell geplant: Statt privaten Investoren das Bauen zu überlassen, gründeten AnwohnerInnen eine Genossenschaft. Sie legten Geld zusammen und kauften das drei Hektar große Grundstück an der Yorckstraße. Dort soll ein barrierefreies Ökoviertel mit 464 Wohnungen entstehen.

Die Genossenschaft begann mit dem Bau aus eigenen Mitteln, obwohl noch kein Kreditvertrag abgeschlossen war. Weil die Banken absprangen, musste die Baustelle im Herbst 2014 stillgelegt werden. 128 Millionen Euro kostet das Projekt insgesamt. Davon kann die Genossenschaft 43 Millionen aus Eigenkapital bestreiten, der Rest muss durch Fremdmittel finanziert werden.

Schon lange verhandelt der Vorstand mit verschiedenen Banken. Weil die Geldhäuser mehr Sicherheit forderten, wurden die zukünftigen Mieten bereits deutlich erhöht – auf im Schnitt 11 Euro pro Quadratmeter kalt. Jetzt sollen rund 90 noch freie Wohnungen vergeben und damit zirka fünf Millionen Euro in die Kassen der Genossenschaft gespült werden.

Das Projekt steht auf der Kippe

Die Frage ist nur: Wer steckt sein Geld in ein Bauprojekt, das auf der Kippe steht? Tritt man irgendwann wieder aus der Genossenschaft aus, bekommt man zwar das Geld zurück. Scheitert das Projekt, aber nur zum Teil.

„Wer sich heute bewirbt, geht das Risiko ein, dass wir die Finanzierung nicht kriegen“, räumt Vorstand Frank Nitzsche ein. Allerdings stünden derzeit noch viele Wohnungen zur Wahl. Wenn erst die Finanzierungszusage vorliege, seien die guten Wohnungen vielleicht bereits weg. Nitzsche betont auch, dass nicht der Kreditvertrag selbst, sondern die Ausschüttung der Gelder an die Wohnungsvergabe geknüpft sei. Spätestens nach der Unterzeichnung eines solchen Vertrags sollte das Vertrauen in die Genossenschaft wieder hergestellt sein.

Die Frage ist: Wer steckt sein Geld in ein Bauprojekt, das auf der Kippe steht?

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Bola Olalowo, hält es für problematisch, dass der Möckernkiez so schwer an einen Kredit kommt. „Der natürliche Partner für den Möckernkiez wäre die Investitionsbank Berlin“, sagt Olalowo. Er ist sich sicher: In anderen Bundesländern hätte die Genossenschaft längst eine Finanzierung über die Landesbank gekriegt. „Es geht schließlich nicht darum, Geld zu verschenken, sondern einen Kredit zu vergeben.“

Mit 11 Euro pro Quadratmeter sei der Möckernkiez sicherlich kein sozialer Wohnungsbau. Doch auch im mittleren Segment brauche Berlin Wohnraum. Genossenschaften hätten den Vorteil, dass ihre Mieten langfristig stabil blieben. Olalowo ist der Meinung: „Das Land Berlin müsste genossenschaftliche Bauprojekte grundsätzlich besser unterstützen.“

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