Beerdigungen: Kein Platz zum Ruhen

Der islamische Friedhof am Columbiadamm ist bald voll, es gibt keine Alternative in der Innenstadt. Muslimische Verbände überlegen, auf christliche Friedhöfe auszuweichen.

Auf dem islamischen Friedhof am Columbiadamm gibt es nur noch wenige freie Plätze für Beerdigungen. Bild: DPA

Die Gräber auf dem Islamischen Friedhof am Columbiadamm liegen dicht beieinander, angeordnet auf einer baumlosen Fläche, die nach frischer Erde riecht. Es ist nicht mehr viel Platz übrig für die Toten, die noch dazukommen werden. Von 33 freien Plätzen spricht der Bezirk Neukölln, von gerade mal zehn die Türkische Gemeinde. Spätestens im Oktober, da sind sich beide Seiten einig, werden auf dem muslimischen Begräbnisfeld keine Bestattungen mehr stattfinden können. „Dann bleibt den Muslimen nur noch Gatow“, sagt Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD).

Gatow ist zu weit weg

Dort, weit weg in Spandau, befindet sich der zweite muslimische Friedhof Berlins. Wie am Columbiadamm handelt es sich dabei um einen städtischen Friedhof, auf dem Begräbnisse nach islamischem Ritus durchgeführt werden. Einige tausend Muslime liegen dort begraben. Doch auch in Gatow wird der Platz knapp, in Kürze muss erweitert werden. „Für die Mehrheit der Berliner Muslime ist Gatow außerdem zu weit weg“, sagt der Präsident der Türkischen Gemeinde, Bekir Yilmaz. „Wir brauchen eine Erweiterung der Grabfelder im Bereich der Innenstadt.“

Damit reagiert Yilmaz auch auf eine neue Entwicklung in den muslimischen Gemeinden der Stadt. War es bislang vor allem unter türkischen Muslimen üblich, die Toten in die alte Heimat überführen zu lassen, ändert sich das mittlerweile. „Immer mehr Menschen wollen lieber hier bestattet werden“, sagt Ender Cetin, der Vorsitzende der Neuköllner Sehitlik-Moschee. „Sie merken, dass ihre Kinder und Enkel nicht mehr in die einstige Heimat zurückkehren werden, und entscheiden sich für eine Beerdigung in Berlin.“

Dass das muslimische Gräberfeld in Neukölln zeitnah vergrößert wird, schließt der Senat allerdings aus. So ein Prozedere dauere, erklärt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Vor allem, wenn sich Senat und Bezirk nicht einig sind: Neukölln hatte vom Senat eine Erweiterungsfläche des Friedhofs am Columbiadamm auf dem Tempelhofer Feld gefordert, das südlich angrenzt. Die Fläche, um die es geht, gehörte einst dem Bezirk und war für die Friedhofsnutzung vorgesehen. Mittlerweile befindet sich darauf aber eine beliebte „Picknick Area“, die der Senat nicht mehr hergeben will. Die Tempelhofer Parklandschaft sei für die BerlinerInnen ein sensibler Bereich, sagt Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD).

Nun sucht man gemeinsam nach Alternativen. Fünf Hektar will der Bezirk, um den muslimischen Friedhofsbetrieb aufrechterhalten zu können. „Zur Debatte stehen aber nur Flächen, die deutlich kleiner sind“, sagt Bezirksstadtrat Blesing. Dies ermögliche allenfalls eine kurzfristige Lösung. Und selbst wenn man die hinbekäme – die entsprechende Fläche müsse ja erst hergerichtet werden. „Wir werden 2013 nicht bestatten können“, resümiert Blesing. Deshalb seien auch die anderen Innenstadtbezirke in der Pflicht, Angebote zu schaffen. „Neukölln ist nicht der einzige Stadtteil, in dem Muslime leben.“

Auch die verschiedenen muslimischen Verbände der Stadt wollen jetzt aktiv werden. Eine Idee sei, sich zunächst in einer Stiftung oder einem Verein zu organisieren. Und dann gemeinsam auf die evangelischen und katholischen Gemeinden zuzugehen, sagt Bekir Yilmaz. „Wir könnten Flächen pachten und mehr Friedhöfe miteinander teilen.“

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg zeigt sich bereit zu Gesprächen. „Man müsste dann extra ausgewiesene Flächen schaffen“, sagt Sprecher Volker Jastrzembski. „Und pragmatisch über die Liegezeiten sprechen.“ Während evangelische und katholische Gräber nach 20 Jahren eingeebnet werden können, spricht sich etwa die Türkische Gemeinde für uneingeschränkte Liegezeiten aus. „Der Wunsch ist ewige Ruhe“, sagt auch der Moschee-Vorsitzende Cetin.

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